Neues Gesetz in Venezuela etabliert Wahrheitskommission

Caracas. Die Nationalversammlung von Venezuela hat ein Gesetz zur Aufarbeitung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Zeit von 1958 bis 1998 verabschiedet. Die Initiative sieht die Einrichtung einer Wahrheitskommission vor, welche Massaker, politische Verfolgungen, Folter und das Verschwindenlassen von Aktivisten untersuchen soll. In der Zeit seit der Etablierung der parlamentarischen Demokratie in Venezuela war es wiederholt zu staatlichen Verbrechen gekommen, die bis heute weitgehend straffrei geblieben sind. Insbesondere in den 1960er Jahren war eine große Zahl politischer Aktivisten der Guerillabekämpfung zum Opfer gefallen. In den 1980er Jahren hatten staatliche Sicherheitskräfte mehrere Massaker an Zivilisten verübt. Das bekannteste Verbrechen war die Niederschlagung des so genannten Caracazo, eines Volksaufstands gegen die neoliberalen Strukturanpassungsprogramme unter Präsident Carlos Andrés Pérez. Dabei kamen offiziellen Angaben mehrere hundert Menschen ums leben, unabhängige Schätzungen gehen von mehreren tausend Toten aus.

Ziel des neuen Gesetzes sei es, die "Ehre und Würde" der Opfer einzufordern, erklärte der Abgeordnete der sozialistischen Regierungspartei (PSUV), José Javier Morales, am Dienstag. "Dieses Gesetz wird ein wesentliches Instrument sein, damit sich das Schweigen und Vergessen nicht weiter durchsetzen", so Morales. Aus den Reihen der Opposition, die gegen das Projekt stimmte, hieß es hingegen, es sähe "Hass und Spaltung" in der Bevölkerung. Lemagno Flores, Abgeordneter der sozialdemokratischen Acción Democrática (AD), kritisierte das Gesetz als "revolutionären Narzismus". Es verurteile "40 Jahre Demokratie" und generiere Hass, so der Vertreter einer der beiden Parteien, die sich zwischn 1958 und 1998 an der Macht abwechselten.