Brasilien / Kultur

Marxist und Architekt Oscar Niemeyer ist tot

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Oscar Niemeyer
Gestorben: Oscar Niemeyer

Brasília. Der brasilianische Stararchitekt und Menschenrechtsaktivist Oscar Niemeyer ist tot. Der Vater der brasilianischen Architektur-Moderne verstarb nur zehn Tage vor seinem 105. Geburtstag. Der Tod in seiner Heimatstadt Rio de Janeiro am Mittwochabend wurde von dem behandelnden Samaritano-Krankenhaus im Stadtteil Botafogo bestätigt.

Niemeyer lag demnach die letzten Tage in künstlichem Koma und wurde nur noch durch medizinische Geräte am Leben gehalten. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff schrieb in einem Beileidsbrief nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa: "Brasilien hat heute ein Genie verloren. Niemeyer war ein Revolutionär, der Mentor einer neuen Architektur, schön, logisch und wie er selbst sagte, erfinderisch."

Der Gouverneur des Bundesstaates Rio de Janeiro, Sérgio Cabral, ordnete noch in der Nacht eine dreitägige Staatstrauer an. Nach den Gesetzen des Landes muss die Beisetzung binnen 24 Stunden vollzogen werden. Vermutlich wird die Trauerfeier am Donnerstag im Präsidentenpalast in der Hauptstadt Brasília stattfinden. Diese Stadt ist für Niemeyers futuristische Bauten weltbekannt. So hatte der Architekt mehrere Regierungsgebäude entworfen und bauen lassen.

Niemeyer war auch als politischer Kämpfer gegen die Diktatur und für Menschenrechte in Lateinamerika bekannt. 1966 war er wegen seiner Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei Brasiliens nach Frankreich ins Exil gegangen. Erst Ende der sechziger Jahre konnte er seine Arbeit in Brasilien fortsetzen. Er lehrte zunächst an einer Universität, kehrte jedoch erst nach der Generalamnestie im Jahre 1982 ganz in sein Heimatland zurück. Während seiner Jahre im Exil erbaute er unter anderem die Zentrale der Kommunistischen Partei Frankreichs in Paris, das Haus der Kultur in Le Havre und das Verlagshaus von Mondadori in Mailand. 1990 trat er aus der Partei aus, blieb nach eigenem Bekunden jedoch weiterhin Marxist.

Niemeyer unterhielt bis zuletzt Kontakte zu den progressiven Regierungen in Kuba, Venezuela und anderen Staaten Lateinamerikas und der Karibik. Erst im August hatte er gemeinsam mit international tätigen Künstlern, Aktivisten und Kulturschaffenden einen Solidaritätsaufruf für Venezuelas Präsident Hugo Chávez unterzeichnet.