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Menschenrechte in Peru unbeliebt

Entschädigung für Staatsverbrechen: Lima geht auf Distanz zum Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof

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Mit Menschenrechten auf Kriegsfuß: Premierminister Javier Velásquez
Mit Menschenrechten auf Kriegsfuß: Premierminister Javier Velásquez

Lima. Perus Regierung will sich nicht mehr dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte (CIDH) unterwerfen. "Ich überlege, weshalb wir uns nicht von der Rechtssprechung des (CIDH) in Fragen des Terrorismus trennen", sagte Premierminister Javier Velásquez unlängst auf einer Pressekonferenz in Lima. Perus Regierung sieht den Gerichtshof im costaricanischen San José seit längerem kritisch. In insgesamt 25 Fällen verurteilte der CIDH in den letzten Jahren den peruanischen Staat zu Entschädigungszahlungen an Menschen, die in den 90er Jahren unter Präsident Alberto Fujimori auf Grundlage von Terrorismusvorwürfen zu langen Haftstrafen verurteilt worden waren.

Die CIDH-kritische Debatte ist in Peru nicht neu. Wieder entflammt ist sie, nachdem die US-Amerikanerin Lori Berenson Ende Mai dieses Jahres vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen wurde. 1996 war sie von einem Militärgericht wegen ihrer Zugehörigkeit zur Guerillagruppe MRTA zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Eine Neuverhandlung vor einem zivilen Gericht im Jahr 2000 wandelte die Strafe in 20 Jahre Haft um, von denen sie die restlichen fünf nun auf Bewährung in Freiheit in Peru verbringen kann.

Nach Berensons Freilassung gerieten rasch die Entschädigungszahlungen in den Blickpunkt peruanischer Medien, die sie – neben Gerichtskosten – aufgrund eines früheren CIDH-Urteils bereits 2006 erhalten hatte. Das bereits 2004 vom CIDH bestätigte Urteil verpflichtete den peruanischen Staat zu diesen Zahlungen.

Die Debatte über Entschädigungszahlungen an wegen Terrorismus Verurteilte ist in Peru stark emotionalisiert. Die Erfahrungen und Bilder des internen Krieges zwischen 1980 und 2000 sind in der Bevölkerung weiter präsent. Mit rund drei Viertel der insgesamt 70.000 Toten waren die indigenen Bevölkerungsgruppen die am stärksten Betroffenen der Auseinandersetzungen zwischen der maoistischen Terrorgruppe Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad) und staatlichen peruanischen Militär- und Polizeikräften.

Die weit verbreitete Sichtweise in der Bevölkerung: Während viele Opfer des internen Krieges weiterhin auf staatliche Entschädigungszahlungen warten und Militärs Anklage entgegensehen, sollen "Terroristen" eine Entschädigung erhalten.

Für den peruanischen Verfassungsrechtler Francisco Eguiguren wird dabei die besondere Lage Perus unter dem damaligen Präsidenten Alberto Fujimori missachtet. "In der öffentlichen Meinung Perus muss sich die Erkenntnis durchsetzen, dass zwischen 1990 und 2000 zahlreiche Gesetze verabschiedet wurden, die gegen Verfassung und Menschenrechte verstießen", so Eguiguren in einem Radiointerview.

Ministerpräsident Quésquén erntete für seine Idee des teilweisen Rückzugs vom CIDH rasch heftige Kritik aus peruanischen Juristenkreisen. Dies sei schlichtweg nicht möglich, so der Tenor. Wenn, dann müsse sich Peru komplett von der Rechtsprechung des CIDH lossagen.