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Gleichberechtigung in Kuba

Frauenrechtsaktivistin Mariela Castro berichtet über geschlechterspezifische Rechte in Kuba: "Aktuelle Debatte ist ein Geschenk"

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CENESEX-Präsidentin Mariela Castro
CENESEX-Präsidentin Mariela Castro

Bern/Berlin. Die kubanische Wissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Mariela Castro hat am  Dienstag im schweizerischen Bern über den Kampf um die geschlechtliche Gleichberechtigung in Kuba referiert. Die Direktorin des Kubanischen Nationalen Zentrums für Sexualerziehung (CENESEX) befindet sich in der Schweiz auf Einladung der Vereinigung SchweizCuba, der medizinischen Hilfsorganisation AMCA und der Gruppierung Medicuba-Suisse.

Die Frauenbewegung in Kuba habe nach der Revolution von 1959 eine gewichtige Rolle gespielt, sagte Castro, deren Vater, Raúl Castro, der amtierende Staats- und Regierungschef des Karibikstaates ist. So haben sich Gruppierungen der Frauenbewegung Anfang der 1960er Jahre in der Förderation der Kubanischen Frauen zusammengeschlossen – einer heute einflussreichen Massenorganisation. "Sie haben in der politischen Diskussion damals viel Neuland beschritten und viele Rechte erkämpft, die auch in unserer noch jungen sozialistischen Gesellschaft nicht bestanden", hatte Castro unlängst im Gespräch mit amerika21.de in Berlin gesagt.

Das CENESEX setzt sich vor allem für die Gleichberechtigung von Homo- und Transexuellen ein. Für Mariela Castro ist dieses Ziel eng mit der Ausrichtung des sozialistischen Systems in Kuba verbunden. "Die Revolution wurde zur Verteidigung der Souveränität und für die Gleichheit durchgeführt", sagte die Frauenrechtlerin, "aber bis heute halten sich Formen der Diskriminierung." Als Beispiel führt Castro die auch heute noch bestehenden Vorurteile gegen Homo- und Transexuelle an.

Mit Unterstützung anderer Institutionen und Gruppen versucht das CENESEX derzeit, Homosexualität im kubanischen Familienrecht anerkennen zu lassen. "Eine entsprechende Gesetzinitiative soll im kommenden Jahr im Parlament diskutiert werden", erklärte Castro im amerika21-Interview. Seit 1973 gilt Homosexualität in Kuba nicht mehr als Krankheit, seit 1997 wird sie in keinem Fall mehr strafrechtlich verfolgt. In der ehemaligen DDR war Homosexualität 1988 aus dem Strafrecht genommen worden, im wiedervereinigten Deutschland dann 1994.

Die Debatte über mehr sexuelle Gleichberechtigung in Kuba ordnet die 48-jährige in die allgemeine politische Diskussion ein. "In Kuba gibt es derzeit einen Prozess der Kritik, der revolutionären Kritik, den ich nicht als Angriff oder Gefahr sehe, sondern als Geschenk".

Mariela Castro war im August auf Einladung des ehemaligen St.-Pauli-Präsidenten und Kulturmanagers Corny Littmann in Deutschland zu Gast, wo sie unter anderem an der Demonstration zum Christopher-Street-Day in Hamburg teilnahm. Derzeit ist sie in der Schweiz und in den kommenden Tagen in Italien auf Veranstaltungen zu Gast.