Identität und Todesumstände unklar

Menschenrechtskommission der UNO legt ersten Bericht zum Friedhof La Macarena vor

Bogotá. Ohne effektive Kontrolle und Registrierung hat die kolumbianische Armee seit dem Jahr 2002 massenhaft Tote auf dem Friedhof in dem Ort La Macarena im südlichen Bundesstaat Meta beerdigt.

Zu diesem Ergebnis kommt das kolumbianische Büro des Hochkommissars für Menschenrechte bei der UNO in einem ersten Bericht über das Gräberfeld. Die Identität der Toten sowie ihre Todesumstände sollten dringend aufgeklärt werden, fordert der Hochkommissar, der die Vorgänge als "Besorgnis erregend" bezeichnet.

"Ich bin sehr besorgt über die hohe Zahl von Personen, die auf diesem Friedhof beerdigt wurden, ohne dass ihre Identität oder die Umstände ihres Todes aufgeklärt werden konnten", erklärte Christian Salazar, Repräsentant des Hochkommissariats in Kolumbien. Insbesondere müsse nun geklärt werden, ob sich unter den Toten Opfer außergerichtlicher Hinrichtungen, Opfer der Praxis des "Verschwinden Lassens" oder anderer Menschenrechtsverbrechen befänden. Der Bericht fordert vom Verteidigungsministerium, alle mit den Toten von La Macarena zusammenhängenden Akten der Staatsanwaltschaft zu übergeben.

Wie die kolumbianische Staatsanwaltschaft gestern mitteilte, laufen inzwischen Ermittlungen in mehreren Fällen, in denen der konkrete Verdacht besteht, dass es sich bei Leichen in La Macarena um "falsch abgerechnete" Tote handelt. Seit Januar 2010 ist bekannt, dass Einheiten des kolumbianischen Militärs massenhaft Personen - zumeist männliche Jugendliche aus den Armenvierteln des Landes - ermordeten und die Toten als gefallene Guerilleros ausgaben. Um Prämien und Vergünstigungen zu kassieren, organisierte sich um diese Praxis eine eigene Schattenökonomie, bei der Arbeitslose über vorgetäuschte Job-Angebote geködert, entführt und ermordet wurden.

In dem Bericht vom 7. September verweist Christian Salazar ausdrücklich darauf, dass aus dem Bundesstaat Meta eine der höchsten Zahlen von "verschwundenen Personen" gemeldet wird. Bis März diesen Jahres waren bei der Nationalen Staatsanwaltschaft für Menschenrechte landesweit 1.354 Untersuchungen über außergerichtliche Hinrichtungen durch die Sicherheitskräfte anhängig, von denen 114 aus dem Bundesstaat Meta stammen. Weitere 588 laufende Verfahren betreffen Personen, die als "verschwunden" gelten . Der UNO-Bericht fordert nun, die nicht-identifizierten Toten von La Macarena mit den Datenbanken aus diesen Untersuchungen abzugleichen.

In dem Bericht relativierte der Hochkommissar allerdings den Begriff "Massengrab" für die letzte Ruhestätte der Unbekannten. Zwar habe man bisher mindestens 446 Tote lokalisieren können, die Leichen seien allerdings einzeln beigesetzt worden. Insofern handele es sich nach UNO-Kriterien nicht um ein Massengrab. Auch die Vermutung von Nachbarn, an dem Ort könnte das kolumbianische Militär bis zu 2.000 Menschen beerdigt haben, kann das Hochkommissariat bisher nicht bestätigen. Allerdings fordert der Bericht die kolumbianischen Behörden auf, sich unmittelbar auf die Suche nach "anderen ähnlichen Fällen" zu begeben.