Stahlwerk in Brasilien: ThyssenKrupp heizt ein

Umweltamt verlangte Frist von 60 Tagen für "unabhängige Überprüfung". Gouverneur sah Arbeitsplätze gefährdet – und gab sein Okay

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Homepage der Companhia Siderúrgica do Atlântico (CSA)
Ansicht der Homepage der Companhia Siderúrgica do Atlântico (CSA)

Rio de Janeiro. Der zweite Hochofen des umstrittenen Stahlwerks Companhia Siderúrgica do Atlântico (CSA) des deutschen ThyssenKrupp-Konzerns im Stadtgebiet von Rio de Janeiro wurde am vergangenen Freitag hochgefahren. Dies war dem Unternehmen nur durch einen Erlass des Gouverneurs des Bundesstaates, Sérgio Cabral, möglich. Dieser hatte laut Medienberichten befürchtet, dass ThyssenKrupp 800 Arbeiter entlassen könnte, sollte der Hochofen nicht in Betrieb genommen werden dürfen.

Die größte Tageszeitung Brasiliens, O Globo, berichtete indes, das Argument der Arbeitsplätze, "das CSA gegenüber dem Gouverneur angeführt hat", sei ausschlaggebend gewesen. Auch bestünden "internationale Verpflichtungen“ des Konzerns. – also die Lieferungen der Stahlbrammen in die ThyssenKrupp-Werke in den USA und Deutschland.

Zuvor hatte das Umweltamt noch eine 60-tägige Frist gefordert, in der die Umweltverschmutzungen unabhängig untersucht werden sollte, bevor der zweite Hochofen mit über 2,5 Millionen Tonnen Jahresproduktion in Betrieb genommen wird. Seit Arbeitsstart des ersten Hochofens im Juni war es laut Staatsanwaltschaft zu Luftverschmutzungen in einem Ausmaß gekommen, "das die menschliche Gesundheit bedroht".

Dem Stahlwerk droht bei Verurteilung die partielle oder vollständige Schließung. Den Projektverantwortlichen vor Ort drohen bis zu 19 Jahren Haft. Die Behörden stützen ihre Anklage auch auf eine Studie der Universität Rio, wonach die mittlere Eisenkonzentration im Einflussbereich des neuen Werkes um 600 Prozent erhöht ist. Entgegen eigener Angaben habe es der Konzern unterlassen, "angemessene Sicherheits- und Kontrolltechnologie einzubauen, die dazu dienen sollte, jegliche Emission von Schadstoffen in Luft und Wasser vorzubeugen und zu kontrollieren", so die Staatsanwaltschaft Anfang Dezember.

CSA ist das größte Stahlwerk Lateinamerikas. Es ist ein Joint-Venture, das aus ThyssenKrupp mit 73 Prozent der Anteile und dem brasilianischen Unternehmen Vale mit 27 Prozent der Anteile besteht. 60 Prozent der Produktion sind für die USA und 40 Prozent für Deutschland bestimmt. Der Komplex hat bislang bis zu 5,9 Milliarden Euro gekostet.