Venezuela weitet Nationalpolizei aus

Neuer Polizeikörper soll 2011 in zehn Bundesstaaten tätig werden. Prävention und Achtung der Menschenrechte zentral. Erste Erfolge in Caracas

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Einsatzkräfte der Bolivarischen Nationalpolizei (PNB)
Sollen Venezuela sicherer machen: Einsatzkräfte der Bolivarischen Nationalpolizei (PNB)

Caracas. Im Kampf gegen die Kriminalität in Venezuela wird die Bolivarische Nationalpolizei (PNB) 2011 auf zehn Bundesstaaten ausgeweitet. Etwa 16.000 Beamte soll die seit 2009 bestehende Polizei Ende des Jahres einsetzen. Dies erklärte der Innenminister des südamerikanischen Landes, Tareck El Aissami, am Mittwoch während seines Rechenschaftsberichtes gegenüber der Nationalversammlung. Die neue Polizei wurde bisher lediglich im Westen der Haupstadt Caracas eingesetzt und werde schrittweise auf das gesamte Land ausgedehnt. Die Erfahrung im Stadtteil Catia sei äußerst positiv, betonte der Minister. Im Jahr 2010 seien die Straftaten im Einsatzbereich der PNB um 57 Prozent zurückgegangen, Morde um 44 Prozent reduziert worden und Raubüberfälle um 66 Prozent.

Die Nationalpolizei soll vor allem präventiv wirksam werden und in enger Kooperation mit den Nachbarschaftsräten (Consejos Comunales) arbeiten. Sie wurde in einem langen Konsultationsprozess seit 2006 gegründet. Damals rief die Regierung eine Kommission für die Polizeireform (CONAREPOL) ins Leben, die den Prozess der Gründung leitete. Im Dezember 2009 nahm die PNB ihre Arbeit auf. Seitdem existiert eine eigene Universität für die Ausbildung der Polizisten der Nationalpolizei (UNES). Nach offiziellen Angaben wurden dort im ersten Jahr 952 Beamte ausgebildet. 2010 waren es 4.000 und für 2011 seien 12.500 geplant, so Innenminister El Aissami.

In der Ausbildung werde dabei der Vermittlung von Menschenrechten großes Gewicht gegeben. Bis heute sind die Polizeien in Venezuela eher dafür bekannt, Teil des Problems zu sein. Korrupte Polizisten, die Missachtung der Rechte der Betroffenen und die Verwicklung in Verbrechen sind an der Tagesordnung. So erkennt selbst das Innenministerium an, dass etwa 20 Prozent der Straftaten von Polizisten begangen werden. Dies zu ändern ist die neue Nationalpolizei angetreten, so der Anspruch der Regierung.

Venezuela hat schon lange mit sehr hoher Gewaltkriminalität zu kämpfen. Dass sich dies in der Regierungszeit des aktuellen Präsidenten, Hugo Chávez, nicht geändert hat, erkannte El Aissami an. Den offiziellen Statistiken zufolge, habe die Mordrate im vergangenen Jahr bei 48 pro 100.000 Einwohnern gelegen, erklärte der Minister. Dies entspräche 13.894 Fällen für 2010. Venezuela liege damit "über dem Durchschnitt in Lateinamerika". Diese Aussage ist ein Novum, da die Regierung Venezuelas seit einigen Jahren keine Statistiken über die Kriminalität veröffentlicht hat. Sie ließ somit viel Raum für Spekulationen.

Zuletzt war das Thema der Gewaltkriminalität im Wahlkampf für die Parlamentswahlen im September 2010 hochgekocht. Oppositionelle Medien hatten Zahlen einer des "Observatorio Venezolano de Violencia" (OVV) veröffentlicht. Die Nichtregierungsorganisation gab an, einen Wert von 16.047 Morden in 2009 errechnet zu haben. In Caracas sei gar eine Mordrate von 230 pro 100.000 Einwohner zu verzeichnen gewesen. Genauere Angaben über die Erhebung der Daten fehlten allerdings. Auch wurde nicht erläutert, welche Einwohnerzahlen für diese Berechnung zugrunde gelegt wurden. Den Zahlen des OVV widersprach der Innenminister mit der Veröffentlichung somit deutlich.