EU nimmt Einfluss auf Wahlen in Nicaragua

Mitgliedsstaaten beschließen Finanzierung der "Zivilgesellschaft". Deutsche Naumann-Stiftung lädt führende Ortega-Gegner nach Berlin ein

Brüssel/Berlin/Managua. Die Europäische Union plant die massive Unterstützung regierungsunabhängiger Gruppen vor den Präsidentschaftswahlen im November in Nicaragua. Sollte die linksgerichtete Regierung von Präsident Daniel Ortega sich der Finanzierung in den Weg stellen, drohen Lateinamerika-Beauftragte der EU-Mitgliedsstaaten bereits jetzt mit Sanktionen. Das erklärte ein EU-Diplomat gegenüber amerika21.de unter Berufung auf ein Sitzungsprotokoll von Lateinamerika-Beauftragten der Union.

Demnach sprachen sich deutsche Diplomaten bei einem der letzten Treffen der Lateinamerika-Arbeitsgruppe der EU (COLAT) vor wenigen Wochen dafür aus, "zivilgesellschaftliche Gruppen" bei geplanten Wahlbeobachtungsmissionen zu unterstützen. Weil die nicaraguanische Regierung mit Vorbehalten reagierte, drängte die tschechische Regierung auf eine Protestnote. Sollte Managua die Finanzierung regierungskritischer Gruppen behindern, werde die EU Fonds der Entwicklungshilfe streichen und die bilateralen Beziehungen überdenken.

Bei der Sitzung der COLAT-Arbeitsgruppe hat die finnische Regierung zur Unterstützung nicht näher bezeichneter "zivilgesellschaftlicher Gruppen" in Nicaragua bereits 800.000 Euro zur Verfügung gestellt. "Unterstützt wurde diese Linie vor allem von Deutschland und den Niederlanden", sagte der Diplomat, der namentlich nicht genannt werden wollte.

Während die EU zunächst neutral von "zivilgesellschaftlichen Gruppen" spricht, nimmt die deutsche, FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) offen Partei für regierungskritische Strukturen in Nicaragua und rechtsgerichtete Akteure in anderen Staaten Mittelamerikas. Laut einem Besuchsprogramm für hochrangige Politiker aus der Region werden auf Einladung der FNS vom 19. bis zum 26. Februar drei entschiedene Gegner der Ortega-Regierung nach Berlin und Hamburg kommen, um gemeinsame Strategien zu besprechen.

Auf der Gästeliste, die amerika21.de vorliegt, stehen neben Politikern aus Honduras und Guatemala der ehemalige nicaraguanische Außenminister und Präsidentschaftskandidat Eduardo Montealegre, die zweite Vizepräsidentin der nicaraguanischen Oppositionspartei PLC, María Aidee Ozuna, und Ramiro Silva von der oppositionellen "Alianza Democrática Nigaragüense". Begleitet werden die insgesamt sieben Politfunktionäre von dem FNS-Vertreter in Mittelamerika, Christian Lüth. Der Stiftungsfunktionär hatte 2009 Proteste demokratischer Gruppen und Parteien provoziert, als er den Putsch gegen die gewählte Regierung von Präsident Manuel Zelaya in Honduras als Chance zur "Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen" bezeichnete.