Venezuela / Medien

Internet: Venezuela "unter Beobachtung"

Reporter ohne Grenzen befürchtet Internetzensur in Venezuela. Organisation bescheinigt dem südamerikanischen Land Freiheit von Zugangsbeschränkung

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Logo des "Welttages gegen Internetzensur" (12. März) der "Reporter ohne Grenzen"
Logo des "Welttages gegen Internetzensur" (12. März) der "Reporter ohne Grenzen"

Paris. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RoG) hat am Wochenende einen Bericht über weltweite Internetzensur vorgelegt. Die internationale Organisation prangert darin an, dass jedem dritten Internetnutzer weltweit der freie Zugang zum Netz verwehrt bleibe. "In etwa 60 Staaten zensieren die Regierungen das Internet", so ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard.

In der RoG-Veröffentlichung wird Venezuela erstmals der Status "unter Beobachtung" zugewiesen. Weltweit erhielten 16 Staaten diese Klassifizierung, da sie "beunruhigende Zensurmaßnahmen" ergriffen hätten. Im Fall von Venezuela begründet RoG ihren Beobachtungsbedarf mit einem Ende 2010 verabschiedeten neue Mediengesetz. Die Organisation greift dabei die Argumentation kommerzieller Medienhäuser in dem südamerikanischen Land auf, die in der Gesetzesänderung eine Etablierung von Internetzensur sahen.

Die Regierung hatte dies stets dementiert und darauf verwiesen, mit dem neuen Gesetz sollten Kinder und Jugendliche vor Gewaltdarstellungen geschützt werden und auch Straftaten im Internet juristisch verfolgt werden können. RoG argumentiert nun, dass dies möglicherweise eine Selbstzensur befördern könne. Das renommierte Nachrichtenportal noticias24.com moderiere beispielsweise mittlerweile alle Leser-Foren, um strafbare Veröffentlichungen zu verhindern. Webseitenbetreiber in Deutschland gehen allerdings aufgrund der schwierigen Haftungslage oft ähnlich vor, ohne dass Deutschland in dem RoG-Report erwähnt wird.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen gesteht in ihrem Bericht allerdings auch, dass in Venezuela der Internetzugang völlig frei ist. Dies bestätigt auch eine Untersuchung der OpenNet-Initiative, die für Venezuela im Gegensatz zu vielen anderen lateinamerikanischen Ländern und auch den USA keine Beschränkung des Internetzugangs feststellen konnte. Im Bericht von RoG werden die USA allerdings nicht erwähnt. Kritiker werfen der Organisation immer wieder eine große Nähe zur US-Regierung vor. Die regierungsnahe US-Stiftung National Endowment for Democracy (NED) finanziert die Arbeit von Reporter ohne Grenzen teilweise.

RoG erwähnt allerdings die Anstrengungen der Regierung von Präsident Hugo Chávez zum Ausbau des Internets. In Venezuela verfügen demnach fast ein Drittel der Bevölkerung über einen Internetzugang, 5,3 Millionen Menschen seien bei Facebook registriert und eine halbe Million bei Twitter. Auch die Regierung nutzt diesen Mikroblogging-Dienst mittlerweile ausgiebig.

Als einziger lateinamerikanischer Staat wird von RoG das sozialistische Kuba neben neun anderen Ländern als "Feind des Internets" eingestuft. Die neue Breitbandverbindung aus Venezuela werde zwar bald den Zugang verbessern, RoG rechnet allerdings nicht mit einer Aufweichung der Zensur.