Uruguay / Menschenrechte

Sieg für die Menschenrechte in Uruguay

38 Jahre nach Putsch: Präsident Mujica verordnet Wiederaufnahme aller ausgesetzten Verfahren wegen Verbrechen der Diktatur. Archive geöffnet

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Staatssekretär Breccia bei Pressekonferenz
Staatssekretär Breccia bei Pressekonferenz

Montevideo. Alle durch das Amnestiegesetz (Ley de Caducidad) gestoppten Verfahren wegen Menschenrechtsverletzungen in Uruguay sollen wieder aufgerollt werden. Dies gab Alberto Breccia, Leiter der Staatskanzlei des uruguayischen Präsidenten José Mujica, am Montag bekannt. Die Ankündigung erfogte auf den Tag genau 38 Jahre nach dem zivil–militärischen Putsch in dem südamerikanischen Land. Außerdem ordnete die Regierung die Öffnung der gerichtlichen und der Klinik–Archive aus Zeiten der Militärdiktatur an. Historikerinnen und Historiker der Universität von Montevideo werden diese untersuchen.

Per Präsidialdekret wird die von den Vorgängerregierungen angeordnete Straflosigkeit revidiert. "Es handelt sich um Fälle, die von den Vorgängerregierungen, außer der von Tabaré Vázquez, als vom Gesetz gedeckt angesehen und zu den Akten gelegt wurden", führte Breccia aus. Diese Entscheidungen würden nun von der Regierung widerrufen, erläuterte Breccia auf einer Pressekonferenz. Die zuständigen Gerichte könnten nun selbstständig entscheiden, ob die Fälle behandelt werden. So sei die Unabhängigkeit der Justiz gewährleistet.

Mit dem Dekret entsprach die Regierung den Forderungen der Menschenrechtsorganisation Hijos de Detenidos Desaparecidos (Töchter und Söhne von Gefangenen und Verschwundenen). Diese hatte zur selben Zeit eine gleich lautende Petition eingereicht. Valentín Enseñat, Mitglied von Hijos, zeigte sich gegenüber dem Onlineportal 180.com.uy erfreut: "Das ist ein wichtiger Schritt. Wir hoffen, dass es so weiter geht und dass eine echte Menschenrechtspolitik gestärkt wird, die sich nicht nur auf diese Fälle beschränkt."

Die Entscheidung, das Dekret zu erlassen, geht zurück auf ein Urteil des Interamerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom März dieses Jahres. Macarena Gelman, Tochter der verschwundenen María Claudia García, hatte den uruguayischen Staat für die Behinderungen der Ermittlungen erfolgreich verklagt. Breccia erinnerte gleichzeitig daran, dass das geltende Recht bereits zuvor gegen andere internationale Abkommen verstoßen habe.

Das Dekret wirkt sich unmittelbar auf 88 suspendierte Verfahren aus, soll aber erst Donnerstag in Kraft treten. Damit wird Klägerinnen und Klägern die Möglichkeit gegeben, ihre Fälle aus eventuellen persönlichen Gründen zurückziehen. In der oppositionellen Tageszeitung El País wurden Zweifel bezüglich der Verfassungsmäßigkeit dieses Verfahrens geäußert.