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Boliviens Medien pushen Macho-Kultur

Zwei in Bolivien vorgestellte Studien verweisen auf engen Zusammenhang von Medienmacht und Frauenbild

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Christina Mamani
Trotz Medien-Kampagne gegen Richterwahlen: Anwältin Christina Mamani, Boliviens oberste Verwaltungsrichterin

La Paz. Wie überall in Lateinamerika und dem Rest der Welt müssen sich Frauen auch in Bolivien oft wegducken. Das konservative Rollenverständnis von Mann und Frau wird derweil von privaten Medien weiter angeheizt. Zu diesem Schluss kommen zwei jüngst veröffentlichte Studien. Das zu Wochenbeginn veröffentlichte Papier der Nichtregierungsorganisation UNIR stellt eine ungebrochene "Macho-Kultur" in den wichtigsten Medien des Andenlandes fest. "Die Printmedien bieten kein ausgeglichenes Bild verschiedener Lebensstile, der Rolle der Frau sowie ihre Bedeutung für die Gesellschaft an", so die Studie. Die Frau werde vor allem "als dem männlichen Geschlecht untergeordnet dargestellt", die Berichterstattung über Frauen konzentriere sich auf ihre "Funktion als Hausfrau, Ehefrau und Geliebte", so Autorin Sandra Villegas Taborga.

Boliviens Medienlandschaft konzentriert sich in den Händen einiger weniger Unternehmer-Familien und Medienkonzernen aus Spanien. UNITEL etwa ist einer der beliebtesten TV-Sender des Landes und gehört der Großgrundbesitzer-Familie Monasterio. Der Tieland-Clan machte seine erste Million im Vieh-Geschäft. Der erklärte Anti-Regierungs-Sender zeigt in jeder News-Sendung Models auf Laufstegen und Miss-Wahlen in ganz Bolivien. In privaten Printmedien wie den Tageszeitungen El Deber und La Razón sind in jeder Ausgabe ausführliche Berichte und Fotostrecken zu diversen Schönheitswettbewerben zu finden. Regelmäßig kommt es wegen der Teilnahme von Minderjährigen zu Skandalen, was so gut wie nie juristische Folgen hat. Dabei, so die UNIR-Studie, seien "die Medien eine der wichtigsten Mechanismen in der Produktion und Reproduktion von Symbolen", die zur Enstehung und Verbreitung von "negativen Stereotypen" über Frauen beitragen.

In diesem Klima von Schönheitswahn und weiblicher Unterordnung trifft es Frauen mit Behinderung besonders schwer. Eine Mitte Oktober von Boliviens Ombudsstelle für Menschenrechte veröffentlichte Studie zur Situation von Frauen mit Behinderung warnt vor allem vor Missbrauch in den eigenen vier Wänden. "20 Prozent der Frauen mit Behinderung erklären, dass ihr Zuhause der Ort ist, an dem sie Diskriminierung, Gewalt und sexuellen Missbrauch am meisten ausgeliefert sind", so die in der Departamento-Hauptstadt Santa Cruz vorgestellte Erhebung anlässlich des bolivianischen Frauentages am 11. Oktober. Und auch hier ohne Konsequenzen für die Täter. "Schamgefühl und soziale Ausgrenzung sorgen dafür, dass die Täter, oft Väter, Stiefväter, Onkel und Cousins, nicht angezeigt werden", erklärt Studien-Mitautorin Bety Pinto die missliche Lage innerfamiliärer Gewalt. Als Frau mit Behinderung, indigener Herkunft, und geringem Einkommen steige das Risiko unmenschlicher Behandlung durch das Umfeld, so das traurige Fazit. Die Empfehlung der UNIR-Studie spricht Klartext: Es sind Boliviens Medien als "allerwichtigste Akteure", die zum "Abbau der Diskriminierung von Frauen" in die Pflicht zu nehmen sind.