Sonderstaatsanwältin für Menschenrechte geht

Die Juristin wirft der Polizei in Honduras Blockade von Ermittlungen vor und kritisiert die vorherrschende Straflosigkeit. Mordrate steigt weiter an

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Sandra Ponce
Sandra Ponce bei einem Interview im Dezember 2010

Tegucigalpa. Die honduranische Sonderstaatsanwältin für Menschenrechte, Sandra Ponce, hat vergangene Woche vor Pressevertretern ihren baldigen Rücktritt angekündigt. Ponce, die in Honduras seit 17 Jahren als Staatsanwältin arbeitet, betonte, der Rücktritt sei eine freiwillige und persönliche Entscheidung.

In ihrer Erklärung äußerte Ponce starke Kritik an der Abhängigkeit der Staatsanwaltschaft für Menschenrechte von der honduranischen Polizei. "Es gibt keine Möglichkeiten unabhängig zu arbeiten und unabhängige Ermittlungen aufzunehmen", erklärte Ponce. "Wir sind auf die Arbeit der Polizei angewiesen und gegen genau diese richten sich 90 Prozent der Anzeigen die wir erhalten". Die Staatsanwältin kritisierte nicht nur die mangelnde Bereitschaft der Polizei angezeigte Menschenrechtsverletzungen aufzuklären, sondern beschuldigte diese zudem, Ermittlungen aktiv zu blockieren. Dies sein ein ständiges Problem mit dem sich die Sonderstaatsanwältin konfrontiert sehe. So wurden die Ermittlungen gegen vier Polizeibeamte, welche Ende Oktober zwei Studenten ermordeten, immer wieder hinausgezögert und eine Verhaftung der Mörder, die mittlerweile untergetaucht sind, verhindert. Aufgrund der mangelnden Ermittlungsergebnisse und der Straffreiheit bei begangenen Menschenrechtsverletzungen äußerten auch unabhängige Menschenrechtsorganisationen in der Vergangenheit mehrfach Kritik an der Staatsanwaltschaft für Menschenrechte.

Die Gewalt und die systematische Straflosigkeit in Honduras erhöhten sich seit dem zivil-militärischen Putsch im Juni 2009 und der damit verbundenen institutionellen Krise erheblich. Auch unter der Regierung von Porfiro Lobo steigt die Zahl der Ermordungen kontinuierlich an. So prognostizieren Beobachter für das zweite Halbjahr 2011 im Vergleich zu 2010 fast eine Verdreifachung der Mordrate. Mit durchschnittlich 20 Morden pro Tag und einer Mordrate von 82 Ermordungen pro 100.000 Einwohner nimmt Honduras mittlerweile in der weltweiten Mordstatistik der Vereinten Nationen den ersten Platz ein. Statistiken nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen zählen über viertausend begangene Menschenrechtsverletzungen und hunderte von politischen Morden seit dem Putsch, unter anderem die Ermordung von 16 Journalisten und 44 organisierten Kleinbauern. Die in fast allen Fällen vorherrschende Straflosigkeit wurde vor kurzem auch von Frank La Rue, Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit der Vereinten Nationen, angeprangert. Laut La Rue zeige der honduranische Staat keinen Willen die vorherrschende Straflosigkeit zu bekämpfen.