Kolumbien / Militär

Kolumbianische Armee bombardiert Zivilisten

Militär rechtfertigt Landvertreibungen im Bundesstaat Meta mit dem Kampf gegen die Guerilla. Auch deutsche Entwicklungsgelder fließen in die Projektregion

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Kolumbianische Soldaten
Kolumbianische Soldaten

Bogotá. Luftwaffenverbände und Streitkräfte der kolumbianischen Armee sollen bei Bombardements von Gebieten des Bundesstaates Meta

in den letzten Monaten auch gegen Zivilisten vorgegangen sein. Dies berichtet die kolumbianische Gewerkschaft kleiner und mittlerer Agrarproduzenten FENSUAGRO in Übereinstimmung mit der Menschenrechtsorganisation "Anwaltskollektiv Orlando Fals Borda" (OFB).

Neben Bombenabwürfen aus Militärflugzeugen seien Landarbeiter und Bauern in mehreren Gemeindebezirken im Meta auch zum Ziel von Mörserbeschuss geworden, sagte einer der Anwälte der OFB Édison Cuéllar im Interview mit amerika21.de. "Die Streitkräfte installieren diese Waffen an einem beliebigen Ort und schießen über viele Tage damit in die Gegend. Nicht nur das Vieh wird dadurch getötet, auch der Ackerbau und die Häuser der Bauern werden zerstört." Auch Menschen seien schwer verletzt und sogar ums Leben gekommen.

Nach offiziellen Angaben sind allein in November sieben Menschen durch Bombardierungen im Gemeindebezirk Vistahermosa, 260 Kilometer südlich von Bogotá, ums Leben gekommen. Laut der technischen Untersuchungseinheit der Bundesstaatsanwaltschaft (CTI) handelte es sich um Kämpfer der FARC-Guerilla. Allerdings identifizierte eine lokale Menschenrechtsorganisation zumindest einen der Toten als den 60-jährige Bauernführer Carlos Arturo Correa. Das OFB weist zudem darauf hin, dass durch die Bombardements in erster Linie Landabschnitte betroffen waren, die nicht als Operations- oder Rückzugsgebiete der Guerilla gelten.

"Die Streitkräfte rechtfertigen die Bombardierungen mit dem Argument, dass diese sich sehr effektiv im Einsatz gegen Guerilla-Kommandanten erwiesen hätten", sagte Cuéllar gegnüber amerika21.de. Zusätzliche Rechtfertigung erhalte diese Argumentation durch den Umstand, dass am Wochenende des Todes von Carlos Arturo Correa auch der Rebellenführer der FARC Alfonso Cano bei einem Bombenangriff getötet wurde, obwohl beide Angriffe in unterschiedlichen Regionen des Landes stattfanden.

Cuéllar sieht in den Bombardements eine von mehreren Maßnahmen, um die lokale Bevölkerung zu vertreiben. Straßensperren des Militärs, die den Transport von Lebensmitteln behindern und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit der Anwohner seien weitere systematische Aktionen, um die Gebiete zu räumen. "Was machen Sie noch hier? Verlassen Sie den Ort, wenn Sie sich nicht mit den Paramilitärs verständigen wollen", seien typische Drohungen von Soldaten mit denen Bauern zum Wegzuziehen genötigt würden, sagte Cuéllar.

Nach Ansicht des Anwalts hat das Militär seit der Einführung des internationalen Entwicklungsprojekts Konsolidierungsplan für La Macarena (PCIM) massiv an Einfluss in der Region gewinnen können. Die deutsche Bundesregierung unterstützt den zivil-militärischen Entwicklungs- und Sicherheitsplan mit 500.000 Euro, obwohl Organisationen wie Misereor mehrmals darauf hingewiesen haben, dass die Mordrate in den Landkreisen seit Beginn des PCIM weiter zunimmt.

Für das Anwaltskollektiv OFB hängt der PCIM sehr eng mit ökonomischen Erwartungen der Erdölindustrie und von Bergbauunternehmen zusammen. Meta ist zum wichtigsten Bundesstaat für die Erdölproduktion geworden, berichtet Cuéllar. Laut dem Menschenrechtler sorge die systematische Vertreibung der Bauern aus der westlichen Region des Meta durch das Militär für den Aufkauf der Ländereien zur Realisierung ökonomischer Großprojekte.