Klage gegen Guatemalas Ex-Diktator eingereicht

Oberster Gerichtshof muss über Prozesseröffnung gegen José Efraín Ríos Montt entscheiden

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Ex-Diktator Ríos Montt
Ríos Montt gilt als das Symbol für die Gräueltaten des guatemaltekischen Staates während der jahrzehntelangen Militärdiktatur, der in dem kleinen zentralamerikanischen Land geschätzte 200.000 Menschen zum Opfer fielen

Guatemala-Stadt. In Guatemala hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Ex-Diktator José Efraín Ríos Montt erhoben. Dem ehemaligen General werden Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen. Neben den Untersuchungsergebnissen der Staatsanwaltschaft liegen dazu unter anderem Erklärungen von Überlebenden und Angehörigen der Opfer vor. Auch forensische Gutachten und Details aus Militärplänen sollen die Vorwürfe unterstützen. Der Oberste Gerichtshof will nun bis zum 12. April über die Eröffnung eines Prozesses entscheiden.

Ríos Montt hatte im März 1982 einen Putsch gegen den damaligen Staatschef Fernando Romeo Lucas angeführt, musste jedoch selbst schon im August 1983 rivalisierenden Militärs weichen. Im damals bürgerkriegsgeplagten Guatemala soll Ríos Montt allein in dieser kurzen Zeit mindestens zehn Massaker an Indigenen im Norden des Landes angeordnet haben. Ihm wird daher die Verantwortung für den Tod von mindestens 1.771 Menschen zugeschrieben. Die Untersuchungen dazu legte die Staatsanwaltschaft nun vor und versicherte: "Es existieren genügend Beweismittel."

Noch vor kurzem hatte die Verteidigung des 85-jährigen ehemaligen Staatschefs versucht, sich auf die Amnestie zu berufen, die nach dem Bürgerkrieg 1996 im Zuge eines "Nationalen Gesetzes zur Versöhnung" erlassen worden war. Dies lehnte der zuständige Richter jedoch mit der Begründung ab, internationale Verbrechen wie Völkermord würden nicht unter das Gesetz fallen.

Ríos Montt hatte sich schon im Januar vergangenen Jahres erstmals vor Gericht zu den Anschuldigungen äußern müssen, nachdem seine Immunität als Kongressabgeordneter geendet hatte. Damals war ein Prozess jedoch auf Grund seines schlechten Gesundheitszustandes nicht zustande gekommen. Inzwischen steht er unter Hausarrest.

Erst Anfang März dieses Jahres war erneut ein Ex-Militär wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und seiner Beteiligung an einem Massaker unter dem Befehl Ríos Montts zu 6.060 Jahren Haft verurteilt worden. Vorher hatte es schon ähnliche Urteile gegen vier andere ehemalige Elitesoldaten gegeben. Urteile und Prozesse wie diese sind vor allem wegen ihres Symbolcharakter bedeutsam und bilden einen wichtigen Teil des guatemaltekischen Aufarbeitungsprozesses.

Während des jahrzehntelangen Bürgerkrieges waren gut eine Viertelmillion Menschen verschwunden und ermordet worden. Dabei weist der Bericht der UN-Kommission für geschichtliche Aufklärung (CEH, Comisión para el Esclarecimiento Histórico) rund die Hälfte aller Menschenrechtsverbrechen der Regierungszeit Ríos Montts zu.