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Venezuelas Kurzdiktator lobt Putsch vor zehn Jahren

Pedro Carmona veröffentlicht verklärenden Brief aus dem kolumbianischen Exil. Kontroverse um Beteiligung von Oppositionspolitiker an Umsturzversuch

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Pedro Carmona beim Putsch 2002
"Wichtige Schlacht gegen den Totalitarismus": Putschpräsident Pedro Carmona bei seiner Vereidigung im April 2002

Bogotá/Caracas. Der venezolanische Unternehmer Pedro Carmona hat aus seinem kolumbianischen Exil den Staatsstreich gegen die gewählte Regierung Venezuelas im April 2002 als "wichtige Schlacht gegen den Totalitarismus" bezeichnet. Zusammen mit Teilen des Militärs, den ehemaligen Regierungsparteien, der Führung der katholischen Kirche und rechten Gewerkschaften hatte der damalige Vorsitzende des Unternehmerverbandes Fedecámaras am 11. April 2002 den Präsidenten Hugo Chávez entführen lassen und in der Folge die venezolanische Verfassung außer Kraft gesetzt, das Parlament und Obersten Gerichtshof aufgelöst und sich selbst zum Staatschef erklärt.


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In seinem Brief mit dem Titel "Zehn Jahre danach" übernimmt Carmona "ohne jeglichen Schuldkomplex" die Verantwortung für den "Rückschlag" des 11. Aprils. Man habe eine "Möglichkeit verloren, die uns allen wehtut", so Carmona über den gescheiterten Staatsstreich, "so denn die Aktion der Zivilgesellschaft, des Militärs, der Kirche, der Akademiker und der einfachen Venezolaner nicht zu dem gewünschten Ziel geführt hat".

Anlässlich des zehnten Jahrestages des Staatsstreichs gegen die demokratische Regierung Venezuelas ist weiterhin die Beteiligung des aktuellen Präsidentschaftskandidaten der Opposition, Henrique Capriles Radonski, und seiner Partei Primero Justicia umstritten. Nach Berichten der Tageszeitung Últimas Noticias vom 13. April des Jahres 2002 soll die Partei Primero Justicia als einzige der Auflösung der venezolanischen Legislative durch Pedro Carmona zugestimmt haben. Die damalige Abgeordnete der Nationalversammlung, Liliana Hernández, sagte gegenüber der Zeitung, dass sie ihr Mandat aufgebe um "die Transition zu erleichtern".

Der heutige Präsidentschaftskandidat und damalige Bezirksbürgermeister des Regierungsbezirks Baruta, Capriles Radonski, wurde in den Tagen des Staatsstreiches von Fernsehkameras beim Eindringen in die kubanische Botschaft gefilmt. Ein Mob rachsüchtiger Regierungsgegner hatte kurz nach dem Putsch Elektrizität und Wasserleitungen abklemmt und Botschaftsfahrzeuge zerstört. Capriles verteidigte sich vor dem Untersuchungssauschuss des venezolanischen Parlaments damit, versucht zu haben, die Situation zu "beruhigen". Aus einem Bericht der Zeitung Últimas Noticas vom 13. April 2002 geht jedoch hervor, dass die ihm als damaligen Bürgermeister unterstehende Bezirkspolizei Polibaruta den Vandalismus über Stunden duldete und nicht eingriff.