Mexiko-Stadt. Mexikos Ex-Präsident Ernesto Zedillo (1994-2000) erhält in den USA Straffreiheit in einem laufenden Klageverfahren wegen des Massakers von Acteal im Jahr 1997. Zedillo wird beschuldigt, verantwortlich für die Morde an 45 Angehörigen der indigenen Gruppe der Tztotziles in der Gemeinde Acteal im Bundesstaat Chiapas zu sein. Das Massaker geschah am 22. Dezember 1997, als knapp 100 bewaffnete Paramilitärs die Gruppe in einer Kapelle angriff. Unter den Ermordeten befanden sich 18 Kinder, 22 Frauen und sechs Männer einer christlichen Organisation. Die Kläger machen den damaligen Präsidenten für die mutmaßlich politisch motivierte Bluttat verantwortlich.
Zedillo wird vor dem US-Gericht in Hartford, im Bundesstaat Connectitut, angeklagt. Zehn Überlebende des Massakers, die anonym bleiben wollen, lassen sich seit September letzten Jahres in einem Zivilprozess von der Anwaltskanzlei Rafferty, Kobert, Tenenholtz, Bounds & Hess in Miami vertreten.
Das Justizministerium signalisierte daraufhin, dass die US-Regierung eine Entscheidung zugunsten des Angeklagten Ex-Präsidenten befürworten würde. Auch der scheidende mexikanische Präsident Felipe Calderón sandte eine entsprechende Petition an die US-Regierung. Nun hat Washington verlautbaren lassen, dass der Bitte entsprochen wurde, um ''die guten Beziehungen'' zwischen beiden Ländern beizubehalten.
Das ehemalige Staatsoberhaupt selbst sagte, er betrachte die Anklage gegen ihn als ''falsch und verleumderisch''. Er sei daher ''zufrieden'' mit der Entscheidung, so Zedillo gegenüber der US-Tageszeitung Yale Daily News. Der Ex-Präsident ist seit Ende seiner Amtszeit als Professor am Forschungszentrum für Globalisierung der Universität in Yale tätig.
Die US-Regierung begründet ihre Position mit der damaligen Funktion Zedillos. Er habe als Präsident Mexikos und nicht als Privatperson agiert und sei daher freizusprechen. Formuliert hatte die Begründung Harold Hongju Koh, juristischer Berater im US-Außenministerium und, ebenso wie Zedillo, Professor in Yale.
Die US-Tageszeitung New York Times bemängelte, das die Unterscheidung zwischen Staatsoberhäuptern und Privatpersonen auf eine generelle Freisprechung von ausländischen Staatsoberhäuptern an US-amerikanischen Gerichten hinauslaufe. Ingrid Wuerh, Professorin an der Vanderbilt-Jura-Universität in den USA, beklagt, dass die Entscheidung auf eine ''Rechtssprechung durch die Exekutive'' hinauslaufe: ''Die Regierung agiert als Gesetzgeber und greift in das Gericht ein, indem sie sagt, dass manche Anträge durchgehen können, andere jedoch nicht.''
Kritik wird auch von Seiten der Betroffenen geäußert. In einer öffentlichen Erklärung nahm das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas Stellung. Das Zentrum mit Sitz in San Cristóbal de las Casas im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas ist offizieller Rechtsvertreter der Las Abejas gegenüber der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (CIDH). In der Erklärung wird darauf hingewiesen, dass die Angehörigen der Opfer des Massakers lediglich Gerechtigkeit einfordern. Die Klage in den USA gehe von einzelnen Personen aus und sei nicht im Namen der Opfergemeinschaft eingereicht worden.