Haiti / Politik

Präsident Martelly appelliert an Einheit Haitis

Staatschef ruft zu Aufbau der Wirtschaft auf. Doch bislang wurden die bestehenden Probleme kaum gelöst

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Gibt sich staatstragend: Michel Martelly
Gibt sich staatstragend: Michel Martelly

Port-au-Prince. Aus Anlass des 210. Jahres der haitianischen Unabhängigkeit hat Präsident Michel Martelly an seine Landsleute appelliert, vereint für eine bessere Zukunft des Landes zu sorgen. Bei seiner Neujahrsansprache gab sich

Martelly in Begleitung des Bischofs von Gonaives, Yves Marie Peán, betont zeremoniell: "Es ist Zeit, dass wir unsere Differenzen hinter uns lassen und gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, um auf eigenen Füßen zu stehen. Der Moment ist gekommen, in dem wir der Welt zeigen wollen, dass wir die von unseren Vorfahren geerbte Unabhängigkeit zu Recht erlangt haben. Wir müssen ein anderes Haiti aufbauen, das von den anderen Nationen respektiert wird."

In seiner Rede rief er die Bevölkerung dazu auf, ihn beim Kampf gegen den Analphabetismus, für mehr Sicherheit, gegen die Cholera und für eine produktive Landwirtschaft zu unterstützen. Für die verbleibenden drei Jahre seiner Amtszeit habe er sich zum Ziel gesetzt, zumindest 70 Prozent der benötigten Lebensmittel in Haiti selbst produzieren zu lassen. Das Jahr 2013 rief er zugleich als "Jahr der Umwelt" aus. Jeder seiner Landsleute sei nun dazu aufgefordert, einen Baum zu pflanzen, um das Land wieder fruchtbarer zu machen.

Einstweilen wird allerdings noch jeder verfügbare Strauch und Baum in Feuerholz und Holzkohle verwandelt, da andere Energiequellen für die Masse der Haitianer kaum erschwinglich sind. Die Worte des Präsidenten haben auf jeden Fall keine Begeisterungsstürme ausgelöst. Zu viel hat er in den vergangenen anderthalb Jahren versprochen und nicht gehalten.

Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung bricht daher immer wieder durch. Auf Demonstrationen der von Wahlen ausgeschlossenen Aktivisten der Lavalas-Partei wird immer wieder die "Inkompetenz" und "Korruption" der amtierenden Regierung angeprangert und der Rücktritt Martellys gefordert.

In einer gemeinsamen Jahresbilanz der Plattform der haitianischen Menschenrechtsorganisationen und der Organisation Justitia et Pax beklagten diese zudem eine zunehmende Verschlechterung der Sicherheitslage. Monatlich sind im vergangenen Jahr allein in der Hauptstadtregion im Durchschnitt 70 Menschen einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen. Die Entführungsindustrie floriert, Frauen werden immer wieder Opfer von Sexualdelikten, die Täter können in der Regel mit Straflosigkeit rechnen.

In wenigen Tagen werden die Haitianer den dritten Jahrestag des verheerenden Erdbebens vom 12. Januar 2010 begehen. In Sachen Wiederaufbau hat sich die herrschende Klasse Haitis teilweise goldene Nasen, aber keine Lorbeeren verdient. Noch immer leben 500.000 Obdachlose in Zeltlagern.