Venezuela geht gegen Lebensmittelspekulation vor

Nationalgarde und Polizei beschlagnahmen tausende Tonnen gehortete Lebensmittel. Regierung beklagt Methoden des Boykotts

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Beschlagnahme von 983 Tonnen Milchpulver, das seit Oktober vergangenen Jahres bei der Firma Zuly Milk im Bundesstaat Miranda zurückgehalten wurde
Beschlagnahme von 983 Tonnen Milchpulver, das seit Oktober vergangenen Jahres bei der Firma Zuly Milk im Bundesstaat Miranda zurückgehalten wurde

Caracas. Die venezolanischen Behörden sind gegen die Hortung von Lebensmitteln vorgegangen. Nach den Wahlen im vergangenen Jahr, die die Position von Präsident Hugo Chávez und der Regierungspartei PSUV bestätigt haben, häufen sich nach Regierungsangaben wieder Praktiken der "Sabotage" im Nahrungsmittelsektor. Bereits in den ersten Jahren der Präsidentschaft von Chávez hatten Nahrungsmittelspekulationen das Land beschäftigt.

Bei Razzien zum Auffinden von Lebensmitteln, die dem Vertriebsnetz spekulativ entzogen werden, sind bei mehreren staatlichen Aktionen in den vergangenen Wochen mehrere tausend Tonnen Lebensmittel beschlagnahmt worden. Darunter befanden sich unter anderem Milch und Milchpulver, Hühnerfleisch, Nudeln, Reis, Margarine, Zucker und Maismehl in großen Mengen.

In die Untersuchungen im Rahmen des "nationalen Plans zur Aufsicht und Kontrolle gegen die Spekulation und das Horten von Nahrungsmitteln" sind mehrere Institutionen einbezogen. Dazu gehören das Innen- und Justizministerium, die Verbraucherschutzbehörde Indepabis, die Bolivarische Nationalpolizei (PNB), die Nationalgarde sowie Gesundheits- und Sozialbehörden. Die Durchsuchungen und Beschlagnahmungen betreffen eine Reihe privater, aber auch staatliche Supermarktketten. Bei den Privaten werden namentlich ein Milch- und ein Hühnerfleischproduzent sowie der größte Nahrungsmittelkonzern des Landes, Polar, genannt.

Die entdeckten Nahrungsvorräte gehören sämtlich zum typischen Grundbedarf der venezolanischen Verbraucher und insbesondere derer mit geringem Einkommen. Durch die Praxis des Hortens von Lebensmitteln, bevor sie in den Verkauf gelangen, kommt es immer wieder dazu, dass diese in großen Mengen verderben.

"Wir gehen davon aus, dass es einen Lebensmittelboykott bei den Ketten gibt, die die meisten Käufer haben", sagte der Leiter des Regionalkommandos der Bolivarischen Nationalpolizei, General José Dionisio Goncalvez. Ziel der Hortungen sei es, "Unruhe und Chaos" zu stiften und "den Eindruck einer Unterversorgung bei den Grundnahrungsmitteln" entstehen zu lassen. Der Polizeigeneral betonte, dass die Razzien sich gegen die Spekulation und künstliche Lebensmittelverknappung richteten und das Ziel haben, den Zugang der Bevölkerung zu Gütern und Dienstleistungen zu sichern. "Wir gehen davon aus, dass es ausreichend Lebensmittel in den Lagern gibt, auch wenn die Regale in den Supermärkten leer sind", so Goncalvez weiter. Er kündigte ein hartes Vorgehen gegen "die Spekulanten und die, die Nahrungsmittel horten" an. Sie boykottierten die Lebensmittelsicherheit und spielten mit den Bedürfnissen des Volkes.

Bereits Anfang des Monats hatte Vizepräsident Nicolás Maduro angekündigt, ein Arbeitstreffen mit Unternehmern aus dem ganzen Land einzuberufen, um den Vertrieb der Erzeugnisse zu regeln und die Hortung zu vermeiden. "Andererseits, wenn wir Hamsterer aufspüren, werden wir mit der Nationalgarde kommen, ihre Lagerhallen öffnen und sie in Handschellen legen und einsperren", sagte Maduro.

Die Behörden haben unterdessen bekannt gegeben, dass beschlagnahmte Lebensmittel unverzüglich auf den staatlichen Märkten und in den staatlichen Lebensmittelketten bereitgestellt werden.

Der Vizepräsident für den Bereich Wirtschaftlichkeit-Produktivität, Ricardo Menéndez, kündigte an, dass die Regierung bisher existierende zeitliche Beschränkungen für das Verladen von Lebensmitteln aufheben will, damit die Produzenten eine beschleunigte Logistik bereitstellen können. Die Ministerin für Handel, Edmée Betancourt, mahnte ihrerseits die Bevölkerung, von Panikkäufen abzusehen und versicherte, dass es keine Unterversorgung gebe.

Aus Kreisen der Unternehmer und Händler kamen wiederholt Rechtfertigungen, dass die Motivation für eine Ausweitung der Lebensmittelproduktion gering sei. Schuld seien die staatlichen Preisbegrenzungen für bestimmte Produkte der Grundversorgung der Bevölkerung. Zudem erschwere die Begrenzung von Devisen für Unternehmer und Händler den Bezug der Rohstoffe für die Lebensmittelproduktion, die vorwiegend importiert werden müssten.