Investitionen für den Wandel

Abkommen zwischen Bolivien, Argentinien und Venezuela auf dem Energiesektor. Gründung eines Gas-Kartells beschlossen

Alex Contreras hatte die Kritik der Opposition erwartet, als seine Regierung neue Wirtschaftsverträge mit Argentinien und Venezuela abgeschlossen hat. "Die Opposition kann sagen, was sie will", entgegnete Boliviens Regierungssprecher am vergangenen Donnerstag, "aber sie selbst war nie in der Lage, solche Abkommen zu schließen". Wenige Tage zuvor hatten die drei Staaten Südamerikas weitreichende Verträge zur Verarbeitung der bolivianischen Bodenschätze geschlossen. Nach Regierungsangaben werden damit Direktinvestitionen von über einer Milliarde US-Dollar in die nach Haiti zweitschwächste Volkswirtschaft des Kontinents fließen.

Beim Besuch des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez in der vergangenen Woche wurde die gemeinsame Energiefirma Petroandina gegründet. Die Aktiengesellschaft der beiden staatlichen Energiefirmen Yacimientos Petrolíferos Fiscales Bolivianos (YPFB) und Petroléo de Venezuela S.A. (PdVSA) wird zu 60 Prozent von Bolivien und zu 40 Prozent von Venezuela gehalten. Petroandina soll die nahe der bolivianischen Hauptstadt La Paz vermuteten Ölvorkommen erkunden, um rasch mit der Ausbeutung beginnen zu können. Venezuela steuert vorerst 600 Millionen US-Dollar bei. Im Gegenzug wurde YPFB die Möglichkeit eröffnet, im venezolanischen Orinoco-Becken Öl zu fördern. Zudem investiert Venezuela 80 Millionen US-Dollar in den Bau eines thermoelektrischen Kraftwerkes im Departament Cochabamba. Schon letztes Jahr hatten die beiden Länder ein Assoziationsabkommen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit geschlossen, das nun erste Früchte trägt. "Bolivien hat alle Voraussetzungen, eine petrochemische Industrie aufzubauen. Venezuela ist bereit, dabei zu helfen", kündigte Chávez an. Auch in die Entwicklung der Stahlproduktion nahe der weltweit größten Eisenerz-Mine "El Mutún", die von dem indischen Konzern Jindal Steel & Power ausgebeutet wird, wolle man einsteigen.

Argentinien beteiligt sich mit einem günstigen Kredit in Höhe von 450 Millionen US-Dollar am Bau einer grenznahen Gasverflüssigungsanlage. Das Werk ist Teil des binationalen Megaprojektes Gasoducto Nordeste Argentino (GNEA), das die beiden Länder per Pipeline miteinander verbindet. Die kommenden 20 Jahre ist Bolivien energiestrategischer Partner Argentiniens, das 80 Prozent seiner Gas-Nachfrage von dort deckt. Zudem sicherte Argentiniens Staatschef Néstor Kirchner Bolivien weitere Investitionen im Energiesektor zu.

Bei den Gegnern des bolivianischen Präsidenten Evo Morales kamen die Abkommen jedoch nicht gut an. "Hugo Chávez ist ein Geier, der gekommen ist, um unsere Märkte aufzufressen", wetterte Oppositionsführer Jorge Quiroga. Als ehemaliger Finanzminister und Präsident (2001-2002) wollte Quiroga bolivianisches Gas jedoch zu Spottpreisen in die USA verkaufen. Er war so mitverantwortlich für den Ausverkauf wichtiger Wirtschaftszweige und trug dazu bei, dass die Armut in der Bevölkerung sprunghaft in die Höhe ging.