Venezuela

Verfassungsreform: Jeder soll mitdiskutieren

Nach der ersten Lesung im Parlament wird nun eine breite öffentliche Debatte angestrebt. Chávez weist Kritik zurück

Nach der Annahme der Verfassungsreform in der ersten von drei Lesungen durch die Nationalversammlung am Dienstag laufen die Vorbereitungen und ersten Maßnahmen für eine breite öffentliche Debatte darüber auf Hochtouren. Parlamentspräsidentin Cilia Flores rief alle Venezolanerinnen und Venezolaner auf, sich an der Diskussion zu beteiligen. Als Basis für eine breite Diskussion hat das Parlament den "Nationalen Plan zur Diskussion der Verfassungsreform" ausgearbeitet.

Bereits am letzten Freitag wurde in Caracas mit der Verteilung der Verfassungsreform-Vorschläge an die Bevölkerung begonnen. Auf dem zentralen Plaza Bolívar wurden die Dokumente auf Papier und in digitaler Form auf CD ausgegeben. Im Laufe der nächsten Wochen hat man sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Vorschläge an jeden der 5,4 Millionen Haushalte in Venezuela zu verteilen, wie Venezuelaanalysis.com berichtet.

Die Einbindung der Bevölkerung in die Verfassungs-Diskussion hat für die Regierung höchste Priorität. Der Plan zur Diskussion sieht vier strategische Linien vor: Den "parlamentarismo de la calle" (Parlament der Straße), eine ausführliche Informations-Kampagne, Bekanntmachung der Kampagne international und "Formation und Orientierung" der bolivarianischen Bewegung um noch größeren Rückhalt aus der Bevölkerung zu erlangen. Für letzteres will man 80.000 Aktivisten mobilisieren, die im ganzen Land für die Reform und deren Diskussion werben sollen.

Bis zur abschließenden dritten Lesung des Parlamentes vor der im Dezember geplanten Volksabstimmung über die Reform sollen die Vorschläge über sieben Wochen ausführlich diskutiert werden. Am Dienstag abend (Ortszeit) lud das Parlament diverse soziale Organisationen zur ersten großen "offenen Sitzung" zur öffentlichen Diskussion der Reform in das große Theater Teresa Carreño in Caracas ein.

Innerhalb der ersten Diskussions-Phase soll das Dokument an alle Haushalte des Landes verteilt werden, später sollen "Runde Tische" in den Stadt-Vierteln und Kommunen gebildet werden und Sprecher gewählt werden, die schlussendlich dem Parlament Änderungs-Vorschläge unterbreiten können sollen. Interessen-Gruppen wie Arbeiter, Bauern, Unternehmer oder Studenten sind ebenfalls aufgefordert Änderungsvorschläge vorzulegen.

In seiner Sendung "Aló Presidente" am letzten Sonntag hatte Hugo Chávez bereits angekündigt, dass in den nächsten Wochen eine intensive Diskussion über seine Vorschläge stattfinden werde. Des Weiteren versuchte er Befürchtungen zu entkräften, die geplante Bezeichnung von Venezuela als "sozialistisch" in der neuen Verfassung werde den politischen Pluralismus beeinträchtigen. Dieser werde garantiert, so Chávez. Zur Abschaffung der Amtszeitbegrenzung sagte Chávez, dass sein Vorschlag missverstanden worden sei. Ihm ginge es nicht um die Abschaffung von Machtwechseln, schließlich müsse er sich weiterhin wie jeder andere zukünftige Präsidentschaftskandidat zur Wahl stellen, was in Ländern wie England oder Frankreich auch nicht anders sei. Chávez reagierte damit auf Kritik aus der Opposition.


Den Vorschlag von Hugo Chávez zur Reform der Verfassung Venezuelas gibt es als deutsche Übersetzung bei Venezuela-aktuell.de