Kolumbien

Nebelkerzen aus Bogotá

Kolumbiens Präsident will Nachbarstaaten in Verhandlung mit Guerilla einschalten

Bogotá. Mit einer ganzen Reihe neuer Initiativen will Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe die Kritiker seiner militaristischen Innenpolitik besänftigen. Am Rande der Amtseinführung der neuen argentinischen Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner in Buenos Aires bat der rechtsgerichtete Staatschef mehrere lateinamerikanische Regierungen darum, die Suche nach einer friedlichen Lösung des sozialen und bewaffneten Konfliktes in Kolumbien zu unterstützen. Mexiko, Brasilien und Argentinien erklärten sich bereit, einen Austausch der Gefangenen von Regierung und der Guerillaorganisation "Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) zu unterstützen.

Unklar ist, wie ernst Uribe seine Bitte meint. Vor knapp drei Wochen hatte der rechtsgerichtete Politiker eine Verhandlungsinitiative der linksliberalen Senatorin Piedad Córdoba und des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez überraschend scheitern lassen. Dabei waren Córdoba und Chávez von Uribe im August erst beauftragt worden, einen Gefangenenaustausch zu vermitteln. Die Guerilla hält 45 Personen fest, die Regierung hat indes mehrere hundert Aufständische inhaftiert. Obwohl die FARC sich zu Gesprächen bereit erklärten und - wie verlangt - Videoaufzeichnungen mehrerer Gefangener vorlegten, brach Uribe den Prozess Ende der dritten Novemberwoche abrupt ab. Seitdem herrscht zwischen Bogotá und Caracas eisige Stimmung.

In Buenos Aires kam Uribe nun unter anderem mit seinem brasilianischen Amtskollegen Luiz Inácio "Lula" da Silva zusammen. Dass die Chancen für eine Lösung nach dem erzwungenen Abbruch der Verhandlungen schlechtstehen, lässt eine andere Initiative vermuten: Vor seiner Abreise nach Buenos Aires hatte Uribe den Vorsitzenden der kolumbianischen Bischofskonferenz Luis Augusto Castro beauftragt, Gespräche mit den FARC zu führen. Allerdings, so machte der Präsident klar, werde er nicht auf eine zentrale Forderung der Guerilla eingehen, Polizei und Armee aus einem Gebiet im Südosten des Landes zurückzuziehen, um die Gespräche dort stattfinden zu lassen. Er werde maximal 150 Quadratkilometer zur Verfügung stellen, zudem dürfe das Gebiet nicht bewohnt sein.

Indes üben auch europäische Linksparteien Druck auf die kolumbianische Staatsführung aus. Nach einem Gespräch mit Yolanda Pulecio, der Mutter der von den FARC gefangen gehaltenen kolumbianisch-französischen Politikerin Ingrid Betancourt, hatte der spanische Europaabgeordnete Willy Meyer das Vorgehen Uribes in der vergangenen Woche kritisiert. Er werde im Gespräch mit EU-Kommission und -Rat auf eine klare Haltung gegenüber Uribe bestehen, sagte der Politiker der Vereinigten Linken. Im übrigen stimme er mit Pulecio darin überein, dass die Vermittlung durch Hugo Chávez der einzig erfolgversprechende Weg sei.


Den Originaltext in der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.