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Bolivar meets Gandhi

Venezuela und Indien gründen gemeinsame Ölfirma. Rohölpreis steigt weiter

Caracas. 102 US-Dollar kostet mittlerweile ein Barrel (Fass) Öl an der New Yorker Börse. Das ist ein neuer Rekordpreis. Eine Trendwende ist nicht absehbar, da der Konsum des schwarzen Goldes eher zunehmen denn sinken wird. Die zu erwartenden Gewinne ermöglichen den Ölkonzerne, neue Quellen zu erschließen und auszubeuten.

Von dieser Entwicklung profitiert auch Venezuelas staatlicher Ölkonzern PDVSA. Am Mittwoch (9.4.2008) unterzeichnete der venezolanische Energieminister Rafael Ramírez mit seinem indischen Amtskollegen Murli Deora ein Abkommen über die Gründung einer gemeinsamen Ölfirma. An dem Unternehmen hält PDVSA 60 Prozent, ihr indischer Partner Videsh 40 Prozent der Anteile.

Der Vertrag sieht vor, dass die Inder in den nächsten fünf Jahren 254 Millionen Euro in das Projekt investieren. Die Gemeinschaftsunternehmen soll eine neue Förderanlage im Orinoco-Becken aufbauen, die die bisherige Tagesproduktion von 30000 Barrel auf 60000 Barrel verdoppeln soll. Das Schwellenland Indien deckt seinen zunehmenden Ölbedarf durch Einkäufe in Venezuela. Das Handelsvolumen beider Länder stieg so auf 635 Millionen Euro (2006).

Mit der Gründung der gemeinsamen Ölfirma folgt Indien dem Beispiel seines geopolitischen Konkurrenten China. Das Reich der Mitte unterzeichnete bereits vor einem Jahr mehrere Abkommen mit der Bolivarischen Republik, um seine Ölversorgung strategisch abzusichern. Die Verträge sehen die Schaffung je einer neuen Raffinerie in Venezuela und China vor. Beide Anlagen sollen in drei Jahren zwischen 600000 und 800000 Barrel Öl pro Tag produzieren, heißt es aus venezolanischen Quellen. Hinzu kommt die Gründung einer gemeinsamen Tankerflotte.

Nach Regierungsangaben aus Caracas liegt die monatliche Ölproduktion zur Zeit bei 3 Millionen Barrel. Das US-Energieministerium sieht die Monatsproduktion aber nur bei 2,4 Millionen Barrel (April 2007) und macht dafür die Nationalisierungspolitik des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez verantwortlich. Die Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC) hingegen notierte für 2006 eine monatlichen Förderung von 3,1 Millionen Barrel Rohöl. Die Raffinerie-Kapazitäten lagen bei knapp 1 Million Barrel pro Monat. Bis 2012 will Venezuela die Ölförderung auf 6 Millionen Barrel im Monat gesteigert haben. Die OPEC taxiert die venezolanischen Erdölreserven auf 87 Milliarden Barrel.