Amerikas

Karten gegen Kupfermine

Appell an Bundesregierung: Umweltaktivisten der Kampagne Bergwerk Peru mahnen Einhaltung internationaler Umwelt- und Sozialstandards an

Berlin. "Frau Merkel soll sehen, dass es hier Leute gibt, die die Anliegen der Menschen in Peru unterstützen", sagt Elena Muguruza von der Kampagne Bergwerk Peru. Mit einer aktuellen Postkartenaktion fordern die Menschenrechts- und Umweltaktivisten Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich im Mai bei ihrem Besuch des Gipfeltreffens zwischen Europäischer Union und Staaten Lateinamerikas und der Karibik (EU-LAC-Gipfel) für die Einhaltung internationaler Umwelt- und Sozialstandards, das Recht auf Mitbestimmung der Bevölkerung, den Schutz von Menschenrechten und für den Vorrang von Landwirtschaft und Ernährung vor dem Bergbau einzusetzen: "So würde deutlich, dass es Deutschland mit dem Klimaschutz und den Bürger- und Menschenrechten ernst meint", fügt die Aktivistin hinzu.

Der 6. EU-LAC-Gipfel findet am 16. und 17. Mai 2008 in der peruanischen Hauptstadt Lima statt. Die Konferenz, die nach offizieller Lesart der "Stärkung der strategischen Partnerschaft" dienen soll, hat sich in diesem Jahr neben "nachhaltiger Entwicklung" den "Kampf gegen Armut, Ungleichheit und soziale Ausgrenzung" als zentrales Thema gewählt.

Aktivisten wie Muguruza setzen keine großen Hoffnungen in das Spitzentreffen. Schließlich weiß sie um die wirtschaftliche Bedeutung der Bodenschätze Perus - wie Kupfer, Zink, Eisenerz; Blei oder Uran z. B. - an denen auch Deutschland und die gesamte EU großes Interesse haben. Peru ist nach Chile zweitgrößter Rohstofflieferant Lateinamerikas. Bei der Silberproduktion liegt man sogar weltweit auf Rang zwei. Die Exportwirtschaft der BRD profitiert von den enormen Zuwachsraten der peruanischen Bergbauindustrie: "Die deutschen Interessen liegen in der Zulieferung von Chemie und Maschinen", so Muguruza.

Aktuell sind in Peru rund 250 Minen in Betrieb, 250 weitere sind geplant. Während die Kolonialherren seit dem 17. Jahrhundert in Peru Bergbau unter Tage betrieben, setzt man heutzutage auf den Tagebau. Von der Bodenfläche Perus ist bereits ein Sechstel für Konzessionen vergeben - eine Fläche, die nach dem Willen der Regierung auf bis knapp 50 Prozent des Landes anwachsen kann. Für die Menschen in den betroffenen Gebieten heißt das meist: Wasserverschmutzung durch toxische Stoffe, Zerstörung landwirtschaftlicher Produktionsflächen und soziale Probleme infolge von Zwangsenteignungen.

Dies ist auch beim Kupferminenprojekt Rio Blanco zu befürchten, das Minero Majaz - eine peruanische Tochterfirma der in London ansässigen Monterrico Metals - in der Regio Piura im Norden Perus umsetzen will. In dem nach Angaben von Monterrico Metals "unbewohnten Gebiet", wo "kein Konflikt mit der Landwirtschaft" besteht, soll das Projekt 2011 starten und 32 Jahre lang 100000 Tonnen Kupfer jährlich produzieren.

Die Menschen in der angeblich unbewohnten Region halten davon gar nichts. Sie fürchten um den Nebelwald, der als Quellgebiet großer Flüsse ein bedeutsames Wasserreservoir für ganz Südamerika darstellt. Außerdem bangen sie um ihre Existenz als Kleinbauern: In der Region wird neben Produkten für den einheimischen Markt u.a. hochwertiger Arabica-Kaffee für den Export ökologisch angebaut, was den Menschen ein sicheres Auskommen bietet. Mehr als 95 Prozent der rund 30000 Einwohner der Region Piura stimmten in einer Volksbefragung am 16. September 2007 gegen das Rio-Blanco-Projekt - und das trotz massiver Hetze von Präsident Alan Garcia gegen "Kommunisten und Drogendealer", die angeblich das Vorhaben vereiteln wollten. Außerdem wurden Bestechungsversuche des Konzerns gegenüber den örtlichen Bürgermeistern aufgedeckt. Das Votum "war ein gewaltfreies wichtiges Signal der Bevölkerung für die Demokratie", so Elena Muguruza.

Auf das Resultat des Volksbegehrens reagierte Garcia prompt: Bereits wenige Tage danach legte seine Regierung einen Gesetzentwurf vor, mit dem 20 Bergbauprojekte (inklusive Rio Blanco) zum "nationalen Interesse" erklärt werden sollten. Dieser hastige Vorstoß wanderte zwar mittlerweile wieder in die Schublade, dennoch schwebt dem Präsidenten nach Ansicht seiner Kritiker wie Muguruza weiterhin "eine Art Privatisierung des Urwalds" vor. Unverändert setzt Garcia seine Attacken gegen die regionale Bevölkerung fort. Gern bezeichnet er sie als "perros del hortelanos", also "Hunde, die selbst nicht fressen, aber auch andere nicht fressen lassen wollen". Doch schon so manch getretener Hund hat seinem Herrn am Ende die Zähne gezeigt.


Den Originaltext der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.