International

Von Venezuela lernen

Treffen europäischer Linksparteien zur "bolivarischen Revolution"

Paris. Als der Oberste Gerichtshof von Großbritannien vor wenigen Wochen im Rechtsstreit zwischen dem Energieriesen ExxonMobil und Venezuela zugunsten des südamerikanischen Landes entschied, waren viele Beobachter überrascht. Richter Paul Walker hatte nicht nur zwölf Milliarden Dollar des staatlichen Erdölunternehmens PdVSA freigegeben, die der US-Konzern zuvor in Großbritannien sperren ließ. Walter unterstützte in der Urteilsbegründung explizit auch die Entscheidung, die zu dem Zerwürfnis geführt hatte. Venezuelas Regierung hatte vergangenes Jahr Erdölvorkommen im Orinoco-Becken nationalisiert.

Dass Walker zugunsten Venezuelas entschied und dabei ausdrücklich auf die Rolle der PdVSA als Finanzier sozialer Programme verwies, "ist ein Erfolg unserer Lobbyarbeit", sagte Gordon Hutchison. Der Vertreter des Venezuela-Informationszentrums, einer britischen Nichtregierungsorganisation, hatte ein Treffen europäischer Linksparteien am Samstag in Paris mitorganisiert. Das Meeting folgte auf einen ersten Kongress, zu dem vergangenen November rund 200 Vertreter aus der EU und Venezuela in die britische Hauptstadt gekommen waren. "Unser Ziel ist es, die EU zumindest zu einer neutralen Position gegenüber Venezuela zu bewegen", sagte Hutchison gegenüber jW.

Nach Paris waren gut 30 Vertreter von Linksparteien und Gewerkschaften aus fast einem Dutzend EU-Ländern gekommen, um konkrete Projekte zu besprechen. "Venezuela hat bereits mehrere Verträge mit europäischen Städten abgeschlossen", erklärte Lenin Medina vom Außenministerium aus Caracas. So liefert Venezuela im Rahmen von Kooperationsprojekten günstigen Treibstoff an London und eine griechische Stadt. "Wir wollen auch mit anderen Partnern in Europa zusammenzuarbeiten, wenn sie dazu bereit sind", sagte Medina, der die Treibstofflieferungen vor allem damit begründete, den steigenden Energiepreis für ärmere Bevölkerungsteile abzumildern.

Das Interesse an einer solchen Zusammenarbeit ist bei linken Parteien groß. Dass der Kontakt mit Venezuela von beidseitigem Nutzen ist, darauf verwies bei dem Pariser Treffen ein Vertreter der italienischen Rifondazione Comunista. Schließlich könne die europäische Linke von Venezuela lernen, weil dort nicht nur auf mehr Demokratie, sondern auch auf sozialen Fortschritt gesetzt wird. Neben Oskar Lafontaine hatte sich auch der Vorsitzende der irischen Linkspartei Sinn Fein, Gerry Adams, positiv auf die »bolivarische Revolution« bezogen.

Lucia Schnell von der deutschen Partei Die Linke verwies auf zunehmende Kontakte mit Caracas. Eine Delegationsreise des Studentenverbandes SDS nach Venezuela sei ein "voller Erfolg" gewesen, berichtete Schnell. Für den kommenden Bundesparteitag sei ein Antrag geplant, der die Solidarität mit Venezuela bekräftigt: "Das ist schließlich nicht nur die Linie Oskar Lafontaines, sondern der gesamten Partei".

Das nächste Treffen linker Parteien zu Venezuela soll Ende Juni in Berlin stattfinden. Bis dahin wollen die Aktivisten auch ein EU-weites Treffen von Studierendenverbänden organisieren. "Unser Ziel ist es, eine möglichst breite Unterstützung für Venezuela zu organisieren", so Hutchison.

Die Tageszeitung junge Welt dokumentierte auch die Erklärung der Konferenz.


Den Originaltext der junge Welt finden Sie hier.