Venezuela

Wem gehört die Stadt?

Informeller Sektor in Caracas protestiert gegen Einschränkungen von Seiten der Stadtverwaltung. Für höhere Lebensqualität sollen Händler von den Bürgersteigen verschwinden

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Wem gehört die Stadt?
Auf Sabana Grande sind bereits keine Straßenhändler mehr zu sehen

Caracas. Mehrere Tausend Straßenhändler, in Venezuela "Buhoneros" genannt, haben am Dienstag in der venezolanischen Hauptstadt demonstriert. Vor dem Präsidentenpalast angekommen, übergaben sie eine Protestnote gegen eine Anordnung des Bürgermeisters des Hauptbezirkes Libertador, Freddy Bernal, die informelle Wirtschaft der Straßenhändler einzuschränken. Der Erlass gilt seit Anfang des Jahres.

Die neue Regelung beinhaltet das Ende der Duldung der informellen Ökonomie auf wesentlichen Plätzen und Straßen der Innenstadt von Caracas. Ziel sei "die Rückgewinnung öffentlichen Raumes zur Verbesserung der Lebensqualität der Bürger," steht in dem Erlass. Expedito Rivera, ein Sprecher der Buhoneros, sagte, dass die Straßenhändler bereit seien die öffentlichen Plätze zu verlassen. Allerdings müsste die Regierung für adäquate Ausweichmöglichkeiten sorgen, damit die Buhoneros "in der Lage sind, zu arbeiten," so Rivera. Die Regierung versucht, den Buhoneros Alternativen z.B. in staatlichen Markthallen zu bieten, diese reichen offensichtlich aber noch nicht aus.

Währenddessen haben am Freitag Anwälte der Straßenhändler Klage beim Obersten Gerichtshof eingereicht. Ihrer Ansicht nach verletzt der Erlass Artikel 87 der bolivarischen Verfassung, der das Recht auf Arbeit garantiert. Bürgermeister Bernal argumentierte, dass zwar das Recht auf Arbeit gelte, allerdings den Bürgern der Stadt auch das Recht auf Bewegungsfreiheit und Zugang zu öffentlichen Plätzen garantiert werden müsse. "Die Händler haben einen Plan für den informellen Sektor, ich dagegen habe einen integralen Plan für die ganze Stadt," fügte Bernal hinzu. Einen Kompromissvorschlag der Buhoneros, der den Straßenhändlern vorläufig erlauben würde drei Tage die Woche auf der zentralen Avenida Bolívar zu bleiben bis der Konflikt gelöst sei, lehnt Bernal ab.

Die Mehrheit der Einwohner von Caracas unterstütze die Maßnahme des Bürgermeisters, berichtet die Tageszeitung Ultimas Noticias. Viele hätten den Eindruck, die Informelle Wirtschaft fördere die Kriminalität und sei von der Mafia dominiert. Bernal hob hervor, dass die Mehrheit der Buhoneros "anständige Arbeiter" seien. Allerdings gebe es eine "Matrix von politischen und ökonomischen Interessen" hinter den jetzt stattfindenden Protesten und die Mafia würde versuchen Unruhe zu stiften. Er rief die Straßenhändler auf, nicht auf diese hereinzufallen: "Sie [die Mafia] haben immer auf Eure Kosten gelebt. Die revolutionäre Regierung dagegen möchte Euch eine würdevolle Alternative anbieten. Wir sind Sozialisten."

Der Bürgermeister kündigte weitere Maßnahmen zur Umstrukturierung des informellen Sektors an. Nach einer erfolgreichen Verlagerung der Straßenhändler in Markthallen im Bereich der Innenstadt, würde das Problem auch in den Vororten angegangen. Er betonte, das im letzten Jahr bereits 1500 Buhoneros erfolgreich von dem Boulevard Sabana Grande in staatliche Markthallen verlegt werden konnten. "Die Kriminalität hat sich auf Sabana Grande um 90% reduziert" und habe die Attraktivität des Standortes gesteigert, so Bernal. Allerdings sind von geplanten umfangreichen Ausweichmöglichkeiten für die Straßenhändler erst wenige fertig gestellt und es gibt immer noch schwierige Verhandlungen zwischen Händlern und Verwaltung wer in Zukunft wo untergebracht wird - und weitere stehen bevor, wenn es Bernal mit seinem Vorhaben erst meint.


Quelle: venezuelanalysis.com