Venezuela

Frage der Demokratie

Debatten um innerparteiliche Mitbestimmung bei Gründung der Vereinten Sozialistischen Partei in Venezuela. Kritik von der Basis

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Frage der Demokratie
Koordiniert: Ex-Vizepräsident Jorge Rodríguez

Caracas. Der Gründungskongress der "Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas" (PSUV) geht in die dritte Runde. Heute werden sich - diesmal im Bundesstaat Lara - wie schon an den vergangenen beiden Wochenenden knapp 1700 Delegierte treffen, wo sie die Bildung der größten Linkspartei Lateinamerikas beraten. Die Zusammenkünfte werden bis Ende Februar fortgeführt, dann soll die neue Gruppierung arbeitsfähig sein.

Ganz oben auf der Tagesordnung steht die Diskussion über das Parteistatut. Eine Arbeitsgruppe hat den Delegierten einen Entwurf vorgelegt, den sie im Verlauf dieser Woche mit den Basisgruppen, so genannten sozialistischen Bataillonen, diskutieren und ergänzen sollten. Bisher umfasst der Text 22 Artikel. Der erste bezieht sich auf den Namen. Vorgeschlagen wurde eine Umbenennung in "Revolutionäre Bolivarianische Partei für den Sozialismus".

Auch stehen verschiedene Formen der Mitgliedschaft zur Debatte und ebenso, wie die innerparteiliche Macht in den Wahlkreisen und auf die Basisgruppen verteilt werden soll. Diese Frage ist eng verbunden mit der Debatte über die Struktur der PSUV: Wie werden der Vorstand und eine "Ethikkommission" organisiert? Und wie wird sich die neue Partei finanzieren?

Neben diesen Fragen werden sich die Delegierten auch mit dem weiteren Verlauf des Kongresses befassen müssen und jenen Punkten, die beim letzten Plenum am 19. und 20. Januar im Bundesstaat Miranda offen blieben. Uneinigkeit herrscht etwa in der Debatte zu den Grundwerten der Partei. Geklärt werden muss u. a. auch, wie sich die PSUV zu Armutsbekämpfung, Machtverteilung, Volksbeteiligung, zu dem Schutz des Staates vor äußeren Angriffen und zum Internationalismus positioniert. Bei Ende der letzten Sitzung wussten die Delegierten nicht einmal, ob diese insgesamt 50 Punkte mit der Basis einzeln oder en bloc debattiert und abgestimmt werden sollen. Eine Entscheidung steht auch deswegen noch aus.

In Internetforen läuft indes eine angeregte Diskussion, inwieweit das Prinzip der Basisbeteiligung auch im Gründungsprozess der Megapartei umgesetzt werden kann. Die Arbeitsgruppe, die den Parteitag vorbereitet hat, stammt jedenfalls aus der politischen Elite des Bolivarismus. Sie wird geleitet vom ehemaligen Vizepräsidenten Jorge Rodríguez. Weitere Mitglieder sind unter anderem dessen Vorgänger im Vizepräsidentenamt, Diosdado Cabello, und der General a. D. Alberto Müller Rojas.

Nach der ersten Zusammenkunft am 12. Januar gab Rodríguez bekannt, dass der Gründungskongress zukünftig auf zwei Ebenen stattfinden wird. Jeden Freitag kommen die Delegiertengruppen in jedem der 24 Bundesstaaten zusammen, um die Tagungsagenda für das jeweils bevorstehende Wochenende zu beschließen. In einem zweiten Schritt wird dann mit den Abordnungen aus den anderen Landesteilen diskutiert. Das Plenum findet jedes Wochenende in einem anderen Bundesstaat statt, "um den nationalen Charakter des Kongresses zu wahren", so Rodríguez. Den Kontakt zu den 24 Regionalgruppen hält Rodríguez’ Team über einen "Verbindungsdelegierten". Die Kongressteilnehmer hatten aber darauf bestanden, dass nichts abgestimmt oder gar beschlossen werden darf, was nicht vorher auf Basisebene diskutiert wurde. Für Unmut sorgte daher, dass die Instanz des "Verbindungsdelegierten" ohne solche Konsultationen geschaffen wurde.


Den Originaltext der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.