Venezuela

"Mutter der Altäre" gegen Chávez

Mit einer Seligsprechung bereitet die katholische Kirche die Alternative zum Bolivarianismus vor

Rom/Caracas. Papst Benedikt XVI. wird die erste Venezolanerin seligsprechen. Am 27. April 2008 soll die Begründerin des Karmeliterordens in Venezuela, Mutter Candelaria, zur Ehre der Altäre erhoben werden, meldet Radio Vatikan unter Berufung auf die Bischofskonferenz des Landes. Die Nonne passt hervorragend in die anti-chavistische Propaganda der katholischen Kirche in Venezuela.

"Mutter Candelaria hatte sich schon als junges Mädchen für die Armen, Kranken und Kriegsopfer in ihrer Stadt eingesetzt", berichtet der katholische Sender weiter. 1910 gründete sie eine Schwesterngemeinschaft, die im Karmeliterorden aufgenommen wurde. Die Nonne erblickte unter dem bürgerlichen Namen Susana Paz Castillo Ramírez 1863 in Venezuela das Licht der Welt. 1940 verstarb sie im Alter von 77 Jahren im venezolanischen Cumaná. Nachdem sie sich dem geistlichen Leben zugewandt hatte, setzte sie sich für den Aufbau von Krankenhäusern im Osten des Landes ein.

Im Juli 2007 sprach der Papst die Nonne selig. Dafür erkannte er sogar ein von Mutter Candelaria bewirktes Wunder an. Das Ereignis geschah 1995 im venezolanischen Bundesstaat Guárico. Im Hospital von Altagracia de Orituco (400 km östlich von Caracas) führten die Ärzte die Geburt des Kindes der damals 34-jährigen Rafaela Mesa de Bermúdez herbei, weil sie keine Herzschläge des Fötus wahrnahmen. Die Frau war im 6. Monat schwanger. Ihr zur Seite stand eine Nonne des Karmeliterordens. Diese gab der Schwangeren ein Bild von Mutter Candelaria und sagte: "Rafaela, weine nicht, lass uns gemeinsam beten, wir werden die Mutter Candealria um ein Wunder bitten." Kurz darauf soll das Frühchen angefangen haben zu weinen. Venezolanische Medien verbreiteten die Kunde von dem wundersamen Ereignis.

"Diese neue Selige ist heute ein Beispiel für den lebendigen und starken Glauben an Jesus Christus, für die Liebe zur Kirche und die Hingabe an die Armen", stellt Radio Vatikan unter Berufung auf ein Schreiben der venezonalischen Bischöfe fest. In Caracas nutzte der Generalvikar des Erzbistums, Bischof Jesús González de Zárate, die Nachricht von der bevorstehenden Seligsprechung, um die Kirche wieder gegen den Präsidenten Hugo Chávez in Stellung zu bringen. "Wir suchen nicht die politische Macht, sondern dienen den besten Interessen den Volkes, der Justiz und der Wahrheit" sagte González de Zárate.

Die Beziehungen zwischen Präsident und Kurie sind gespannt, seitdem die Kirchenoberen offen gegen Chávez opponieren. Im April 2002 unterstützten sie sogar den Putsch gegen ihn. Im Vorfeld des Verfassungsreferendums im Dezember 2007 stellten Pfarrer ihre Gemeindehäuser gewaltbereiten Gegnern der Bolivarianischen Revolution zur Verfügung. Hinzu kommt, dass der Nuntius dem flüchtigen Studentenführer Nixon Moreno Asyl in der Botschaft des Vatikans in Caracas gewährt hat. Moreno wird wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung von der Justiz gesucht. Die Delikte soll er bei den gewaltsamen Protesten gegen die Verfassungsreform begangen haben.

In Venezuela ist die katholische Kirche die einzige Institution neben dem Staat, die in der Lage ist, landesweit zu operieren. Zudem hat sie seit 500 Jahren die im Namen der europäischen Eroberer begangenen Verbrechen abgesegnet und geholfen, die soziale Ungerechtigkeit bis in die Gegenwart abzusichern. Im Lager der Anti-Chavisten ist die Kirche zur Zeit die einzige Organisation, die nicht durch Personalquerelen, Eifersüchteleien und Chaos gelähmt ist. Hinzu kommt, dass nur sie mit ihren Krankenhäusern und Schulen eine Alternative zu den Sozialprogrammen der bolivarianischen Regierung anbieten kann.

Als Bindeglied zwischen der Kurie und der immer noch zerstrittenen politischen Opposition bietet sich der General a.D. Raúl Baduel an: Chávez' ehemaliger Kampfgenosse und Verteidigungsminister ist ein tiefgläubiger Katholik, der aus seiner Religiösität nie einen Hehl gemacht hat. Wenn er als Präsidentschaftskandidat gegen den Comandante aufgebaut werden soll, bedarf er der vollen Unterstützung durch die Kirche. Diese wird sich der Allianz nicht entziehen, fürchtet sie doch um ihren gesellschaftlichen und politischen Einfluss, den der fortschreitende venezolanische Sozialismus weiter einschränkt.