Venezuela

Katholische Kirche Venezuelas gespalten

Reformkirche bricht mit regierungsfeindlicher Tradition des Klerus'. Neue Gruppierung will "Arbeit zum Wohl der Armen" unterstützen

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Katholische Kirche Venezuelas gespalten
ErsterBischof der neuen Reformkirche Enrique Albornoz (Mitte)

Caracas. Die Vertreter des Vatikans in Venezuela sehen sich einer neuen Herausforderung gegenüber: In Anbetracht der regierungsfeindlichen Linie des katholischen Klerus hat sich eine so genannte Katholische Reformkirche gebildet. Sie den armen Menschen Hilfe leisten und orientiert sich ersten Erklärungen zufolge an den Lehren des antikolonialen Befreiungskämpfers und venezolanischen Nationalhelden Simón Bolívar. Die neue Gruppierung hat nach eigenen Angaben mehrere Tausend Mitglieder, vor allem im Westen des südamerikanischen Landes. Vertreter des katholischen Klerus werfen der Reformkirche vor, von der Regierung bezahlt zu werden.

Die Aufregung um die neue Gruppierung ist in katholischen Kirchenkreisen groß. Die deutschsprachige vatikantreue Katholische Nachrichtenagentur (KNA) zitierte am 28. Juni den venezolanischen Erzbischof Roberto Lückert. Dieser habe dem Präsidenten Hugo Chávez in einem Radiointerview vorgeworfen, die Gründung der Reformkirche finanziert zu haben, "weil es ihm nicht gelungen sei, die katholische Kirche in Venezuela auf Regierungskurs zu bringen".

Lückert spielte damit auf dem politischen Konflikt zwischen den Kirchenoberen und der linksgerichteten Regierung Venezuelas an. Die katholische Kirche wendet sich seit Jahren vehement gegen den Reformkurs der Staatsführung. Die Opposition gipfelte im April 2002 in der Unterstützung eines Putschversuches durch mehrere hochrangige Funktionäre der katholischen Kirche. Bei dem letztlich misslungenen Staatsstreich wurden mehrere Menschen getötet.

Noch im vergangenen Jahr hatte sich der Präsident der venezolanischen Bischofskonferenz, Ubaldo Santana, die Regierung in allen wichtigen Politifeldern offen kritisiert. Santana wandte sich gegen den Sozialismus des 21. Jahrhunderts, gegen die damals debattierte Verfassungsreform, gegen "Korruption und Unsicherheit" sowie gegen die Nichtverlängerung der Sendelizenz für den Privatsender RCTV. Er teilte damit alle Positionen mit der politischen Opposition.

Die Reformkirche will nun mit dieser regierungsfeindlichen Tradition des katholischen Klerus' brechen. Der in der vergangenen Woche gewählte erste Bischof der neuen Kirche, Enrique Albornoz, wies die Anschuldigungen der vatikantreuen Funktionäre zurück. "Wir unterstützen die Arbeit der Regierung zum Wohl der armen Menschen", sagte der Geistliche. Trotzdem folge seine Kirche "keiner bestimmten politischen Linie". Die Katholische Reformkirche sei bereit, sich mit Vertretern der Opposition und mit Politikern der Regierung zu treffen.

Die italienische Nachrichtenagentur ANSA sieht hinter der Neugründung den anglikanischen Primas von Lateinamerika, Leonardo Marin Saavedra und Albornoz. Andere Beobachter rücken die Kirche in die Nähe der katholischen Befreiungstheologie.

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20.06.2007 Artikel von Harald Neuber