Amerikas

Kolumbien brüskiert schamlos

Armee missbrauchte Symbol des Roten Kreuzes. Schweiz verärgert über Vorwürfe gegen Vermittler

Bogotá/Genf/Bern. Bei der Aktion zur Befreiung von Ingrid Betancourt hat die kolumbianische Armee das Symbol des Roten Kreuzes missbraucht. Nachdem internationale Medien den Vorwurf erhoben hatten, gab dies Präsident Álvaro Uribe nun zu. Die Verletzung der Genfer Konventionen begründete Uribe mit "spontaner Nervosität" eines Soldaten. Der Verantwortliche würde zur Rechenschaft gezogen. Die Regierung habe sich zudem bereits beim Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) entschuldigt. Das IKRK teilte seinerseits mit, man habe die Entschuldigung "zur Kenntnis genommen".

Uribe versucht mit seiner Erklärung den Grund des Missbrauchs auf individuelles Fehlverhalten zu reduzieren. Doch daran sind Zweifel angebracht: Die Regierung hatte angegeben, Betancourt und weitere Geiseln über eine Täuschung der FARC-Rebellen befreit zu haben. Die Guerilla behauptet zwar, dass die verantwortlichen Guerilleros bestochen gewesen sein müssten, doch die Zahlung von Bestechungsgeldern oder Lösegeld wurde von der Regierung vehement bestritten.

Es liegt somit nahe, dass die Regierung direkt für die Verletzung der Genfer Konventionen, die das Symbol des Roten Kreuzes schützen, verantwortlich ist. Schließlich soll die Befreiung nach dem Muster vorheriger Freilassungen unter venezolanischer Vermittlung inszeniert und eine internationale Mission vorgespielt worden sein.

An internationaler Vermittlung scheint die Regierung indes kaum Interesse mehr zu haben. Der Schweizer Vermittler Jean-Pierre Gontard soll sogar vor Gericht gestellt werden, nachdem der rechte Hardliner und Verteidigungsminister Juan Manuel Santos ihn beschuldigte, bereits 2001 eine halbe Million US-Dollar an die FARC bezahlt zu haben. Die Schweiz hat die Vorwürfe zurückgewiesen und eine Einstellung der Untersuchungen gefordert. Damit zeigt das Uribe-Regime einmal mehr, dass es auf Krieg statt Verhandlungen setzt.

Die militärische Lösung wird für die Regierung immer attraktiver je größer die innenpolitischen Probleme werden. Zwar scheint sich Uribe den Umfragen zufolge größter Beliebtheit zu erfreuen und strebt eine weitere Amtszeit an, wofür allerdings eine Verfassungsänderung nötig wäre. Doch unlängst hat der Oberste Gerichtshof Uribes Wiederwahl im Jahr 2006 für ungültig erklärt, weil sie auf Stimmenkauf im großen Stil basierte. Etwa 50 seiner Parteifreunde sitzen im Gefängnis, weil ihnen Verbindungen zu Paramilitärs und Drogenhändlern nachgesagt werden.

Am Mittwoch ist nun auch sein bisheriger Außenminister Fernando Araújo ohne Angaben von Gründen zurückgetreten. Die letzten Tage häuften sich jedoch Vorwürfe über Verbindungen seiner Familie zu Paramilitärs. Sein Nachfolger soll Jaime Bermúdez werden, der in Kürze sein Amt als Botschafter Kolumbiens in Argentinien abgibt.


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