Amerikas

Richterin im Alleingang

Die Angst der Rechten vor einem Sieg der Regierung Morales geht um: Boliviens Opposition versucht, das Referendum am 10. August zu verhindern

La Paz. Mit allen Mitteln versucht Boliviens Opposition, ein Referendum über die Amtsenthebung der Morales-Regierung und der Präfekten der insgesamt neun Departements des Landes am 10. August zu verhindern. Ursprünglich hatten die Gegner von Präsident Evo Morales das Vorhaben unterstützt. Ihr Meinungswandel erklärt sich durch die aktuellen Abstimmungsprognosen: Ihnen zufolge wird Morales in seinem Amt bestätigt werden. Mindestens zwei regierungsfeindliche Präfekten aber müssten nach dem 10. August ihre Posten räumen.

Die Gegner der Regierung können bei ihrer Initiative auf das Oberste Verfassungsgericht zählen. Zwar besteht diese höchste Rechtsinstanz des Landes derzeit nur aus einer Richterin, weil die Besetzung der übrigen Posten von der Opposition blockiert wird. Dennoch hatte ein Abgeordneter der neoliberalen Partei "Nationale Einheit" (UN) Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Referendum solle erst dann stattfinden, wenn die Verfassungskonformität eindeutig geklärt sei, so der Antrag von Arturo Murillo. Richterin Silvia Salame pflichtete dieser Position Mitte der vergangenen Woche umgehend bei - die Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS) widersprach: Salames "Urteil" sei nichts als eine "persönliche Meinung" und entbehre deswegen jeglicher rechtlicher Legitimation. Auch für José Luis Exeni, den Präsidenten des Obersten Nationalen Wahlgerichtes (CNE), ist die Rechtmäßigkeit des Referendums nicht fraglich. "Das Amtsenthebungsreferendum findet am geplanten Datum statt", sagte er.

Auch Walker San Miguel, MAS-Verteidigungsminister und Anwalt für Verfassungsrecht, stellte klar, dass "der Wahlgang nicht aufgehalten werden kann". Den "Akt der Parteilichkeit" von Richterin Salame werde man strafrechtlich prüfen lassen, fügte er an, um die Juristin des Amtsmissbrauchs zu bezichtigen. Tatsächlich schreibt das Reglement des Verfassungsgerichtes für Entscheidungen ein Quorum von mindestens drei der normalerweise fünf Verfassungsrichter vor. Salame ignorierte das und verwies auf ihre "Pflicht, die Verfassung zu verteidigen". Eine scheinheilige Argumentation, konterte die MAS. Schließlich hatte Salame die eindeutig verfassungswidrigen "Autonomie-Referenden" regierungsfeindlicher Präfekten in den vergangenen Monaten stets geduldet.


Den vollständigen Originaltext des Artikels in der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.