Kolumbien / Ecuador

Bogotá nach Angriff in Defensive

Proteste gegen Intervention in Ecuador. OAS kommt in Washington zusammen. Quito und Caracas brechen diplomatische Beziehungen ab.

Washington/Bogotá/Caracas/Quito. Zwei Tage nach einer Militärintervention Kolumbiens in Ecuador ist am Dienstag in Washington der ständige Rat der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zusammengekommen. Generalsekretär José Miguel Insulza kam damit Anträgen aus Ecuador und Kolumbien nach. Die Regierung von Präsident Rafael Correa hatte zuvor alle diplomatischen Kontakte zu Kolumbien abgebrochen, auch Venezuela vollzog diesen Schritt. Beide Staaten antworteten damit auf einen Bombenangriff der kolumbianischen Luftwaffe auf ein Lager der Rebellenorganisation "Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) in Ecuador in der Nacht zum Sonntag. Aus Kolumbien nachrückende Bodentruppen hatten den FARC-Sprecher Raúl Reyes nach Augenzeugenberichten exekutiert.

Der kolumbianische Polizeichef Oscar Naranjo erhob zu Wochenbeginn schwere Vorwürfe gegen Ecuador und Venezuela. Beide Staaten hätten Verbindungen zu den FARC aufrechterhalten, sagte Naranjo. Er berief sich auf Dokumente, die auf drei Computern der Rebellen gefunden worden sein sollen. Mit ihren Kontakten zu den "Terroristen" der FARC habe die Regierung in Quito gegen internationale Normen verstoßen, sagte der Befehlshaber der Polizei. Die Regierung in Quito reagierte mit einem verbalen Gegenangriff. Die Kontakte zu den FARC seien genutzt worden, um im Dialog die Freilassung von Gefangenen der Rebellenorganisation zu erreichen. Durch die Attacke auf das Lager sei dies verhindert worden, erklärte Präsident Correa. Nach dessen Angaben hätte auch die franco-kolumbianische Politikerin Ingrid Betancourt aus ihrer inzwischen sechsjährigen Gefangenschaft entlassen werden sollen. "Wir werden nicht akzeptieren, dass im Kampf (Kolumbiens, d. Red.) gegen angebliche Terroristen das Prinzip der nationalen Souveränität untergraben wird", so Correa. Venezuelas Präsident Hugo Chávez hatte zuvor nicht ausgeschlossen, dass der Überfall Kolumbiens auf Ecuador "der Beginn eines Krieges in Südamerika sein könnte". Die kolumbianische Staatsführung aber ist sich keines Unrechts bewusst. Der Angriff auf Ecuador sei "keine Verletzung der Souveränität" gewesen, heißt es in einer Regierungserklärung, "sondern ein Akt der legitimen Verteidigung".

Lateinamerikanische und europäische Regierungen sahen das anders. Italiens Außenminister Massimo D'Alema bezeichnete den Angriff Kolumbiens am Montag als "beunruhigend", weil er diplomatische Kontakte zu den FARC behindere. Ähnlich äußerten sich die Vertreter von Argentinien, Chile und anderen Staaten. "Keine gute Nachricht" war der Mord an Reyes auch für Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner: "Der Mann, mit dem wir gesprochen haben und in Kontakt standen, ist tot". Nach Angaben der FARC hatte Reyes ein Treffen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy vorbereitet.