Kolumbien

Gegen mörderische Politik

Militärstrategie der kolumbianischen Regierung provoziert weltweit Proteste. Regionale Krise setzt sich fort: Auch Nicaragua bricht Kontakte zu Bogotá ab

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Gegen mörderische Politik
Demo gegen staatliche Gewalt am Donnerstag in Bogotá

Bogotá. Hunderttausende Menschen sind in Kolumbien am Donnerstag gegen rechte Paramilitärs und die Armee auf die Straße gegangen. Zu dem Protest aufgerufen hatte die "Bewegung der Opfer von Staatsverbrechen" (Movice). Mit Demonstrationen in rund zwanzig Städten des südamerikanischen Landes wiesen die Teilnehmer auf die Folgen der aggressiven Militärpolitik der Regierung von Präsident Alvaro Uribe hin. Man wolle Solidarität zeigen "mit den vier Millionen Vertriebenen, den 15000 Verschollenen und den 3000 Menschen, die von den Paramilitärs in Massengräbern verscharrt wurden", sagte ein Sprecher der Organisatoren. Zahlreiche Politiker des Uribe-Lagers unterhalten nachweislich enge Kontakte zu paramilitärischen Banden, die für den weitaus größten Teil der Menschenrechtsverbrechen in Kolumbien verantwortlich sind.

Der Protest im Land wurde von Mobilisierungen weltweit begleitet. Dabei rückte auch der aktuelle Konflikt nach einer Militärintervention der kolumbianischen Armee in Ecuador ins Visier. Sie hatte am vergangenen Wochenende mit Kampfflugzeugen und Bodentruppen ein Lager der Rebellenorganisation "Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) im südlichen Nachbarland angegriffen und den Sprecher der Organisation, Raúl Reyes, getötet. Ecuador und auch Venezuela brachen daraufhin die Beziehungen zu Bogotá ab. Am Donnerstag folgte Nicaragua diesem Schritt.

Proteste gegen die Uribe-Regierung fanden auch in anderen lateinamerikanischen Hauptstädten statt. Vor der kolumbianischen Botschaft in Mexiko-Stadt hielten Aktivisten der Kommunistischen Partei des Landes Fotos des ermordeten FARC-Sprechers Reyes hoch. Kritik an der aggressiven Militärpolitik der Uribe-Regierung gab es zudem in Caracas, Santiago de Chile und Quito sowie in New York, Paris, Madrid, Washington und London. In der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires beteiligten sich rund 2000 Menschen an einem Protestzug unter dem Motto "Gegen Uribe - Solidarität mit Ecuador, Venezuela und den FARC".

In London forderten Gewerkschafter und Abgeordnete der Labour-Partei ihre Regierung am Donnerstag auf, die Militärhilfe für Kolumbien umgehend einzustellen. "Die Regierung liegt in ihrer Einschätzung Kolumbiens falsch", sagte der Labour-Parlamentarier Colin Burgon am Rande einer Protestaktion vor dem Parlament der britischen Hauptstadt, "denn das Uribe-Regime ist für einen Großteil der systematischen Menschenrechtsverletzungen verantwortlich". Der spanische EU-Abgeordnete Willy Meyer von der Vereinigten Linken hatte der kolumbianischen Staatsführung schon am Dienstag vorgeworfen, jegliche Verhandlungen mit den FARC zu sabotieren. Die Abgeordnete der Linksfraktion im deutschen Bundestag, Heike Hänsel, forderte die Berliner Regierung auf, "Uribe nicht länger Rückendeckung für seine gefährliche Politik (zu) geben". Schließlich hätten erst die Angriffe der kolumbianischen Armee den bewaffneten Konflikt weiter zugespitzt und die gesamte Region militarisiert, so Hänsel.


Den Originaltext der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.