Amerikas

Human Rights Watch gegen Chávez

Venezuela weist HRW-Vertreter aus nach Vorwurf des Demokratieabbaus. Latinobarómetro dagegen beobachtet Anstieg des Vertrauens in die Demokratie

Caracas. Die venezolanische Regierung hat am späten Donnerstag abend (Ortszeit) zwei Vertreter der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) ausgewiesen. Der Amerika-Direktor der in New York ansässigen NGO, José Miguel Vivanco, sowie sein Stellvertreter Daniel Wilkinson, verließen noch am gleichen Tag das Land. Sie hätten sich illegal in die internen Angelegenheiten Venezuelas eingemischt, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung des Innen- und des Außenministeriums.

Der zuvor von Vivanco in Caracas vorgestellte negative Bericht über die Menschenrechtslage in Venezuela hatte die Regierung aufgebracht. Darin behauptet Human Rights Watch, dass die Regierung Chávez die demokratischen Institutionen "systematisch geschwächt" habe. Das veröffentlichte Papier trägt den Titel: "10 Jahre Chávez. Politische Intoleranz und verpasste Möglichkeiten für den Fortschritt der Menschenrechte." Der venezolanische Präsident habe eine zweifelhafte Beziehung zur Demokratie, sagte der Chilene Vivanco bei seinem Vortrag.

Caracas wies den Bericht als einseitig zurück. In dem Report werden nur die bürgerlichen Menschenrechte analysiert. Ausgeblendet bleiben die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte. Das 236 Seiten starke Werk sei ein ausländischer Angriff auf die demokratischen Institutionen Venezuelas und die nationale Souveränität, lautet es in der Regierungsmitteilung. Mit ihren Anschuldigungen hätten die Funktionäre venezolanische Gesetze und die Verfassung verletzt.

Die scharfe Reaktion der Regierung steht in Zusammenhang mit den derzeitigen Spannungen zwischen den USA und Venezuela, sowie der Aufdeckung von konkreten Putschplänen gegen Chávez in der vergangenen Woche. Außerdem befindet sich Venezuela im Wahlkampf für die im November stattfindenden Regionalwahlen und es ist nicht das erste Mal, dass Human Rights Watch in Wahlkampfzeiten gegen die Regierung Chávez Front macht.

Im großen Widerspruch zu dem Papier von Human Rights Watch stehen Äußerungen der Vorstandsvorsitzenden des renommierten lateinamerikanischen Meinungsforschungsinstitutes Latinobarómetro. Marta Lagos hatte Anfang der Woche in einem Interview betont, dass in Venezuela in den letzten Jahren die Zufriedenheit mit der Demokratie weiter gestiegen sei.

"Kurioserweise haben in den Ländern, die als die instabilsten betrachtet werden, die Demokratie und die staatlichen Institutionen das höchste Ansehen in der Bevölkerung", sagte sie mit Berufung auf die Beobachtungen ihres Institutes. Diese Diskrepanz liege darin, dass die Menschen in diesen Ländern Demokratie mit "Gleichberechtigung, Freiheit von Diskriminierung und Aufteilung von Macht" verbinden würden.

Außer Venezuela nannte Lagos die links-regierten Staaten Ecuador, Nicaragua und Bolivien, sowie Paraguay. Dagegen werde in den Ländern, in denen alte Machtstrukturen intakt seien, der Zustand der Demokratie von der Bevölkerung skeptisch betrachtet, so die Expertin. So zum Beispiel in Mexiko, Brasilien oder Chile, obwohl diese Länder "ein hohes Wirtschaftswachstum haben und als stabil gelten."


Quellen: