Venezuela

FARC dementieren Waffenlieferungen aus Venezuela

Oberbefehlshaber der Guerilla gibt kolumbianischer Zeitschrift ein Interview

Bogotá. Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) haben weder Waffenlieferungen aus Venezuela erhalten noch haben sie den Wahlkampf des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa finanziert. Das sagte der Oberbefehlshaber der linken Guerilla, Guillermo León Sáenz alias "Alfonso Cano", in einem Internetinterview, das er mit der kolumbianischen Zeitschrift Cambio führte und das der lateinamerikanische Fernsehsender teleSur in zusammengefasster Form am gestrigen Donnerstag wiedergab.

"Wir haben weder Waffen noch Geld an Regierungen oder Organisationen anderer Länder übergeben", wird der Comandante zitiert. "Warum sollten wir uns am Wahlkampf einer Person wie der des jetzigen Präsidenten Rafael Correa beteiligen, den wir noch nicht einmal kennen?" fuhr der Guerillero fort. Das hatte zuletzt die kolumbianische Regierung von Álvaro Uribe behauptet. Als Beleg legte sie einen Videoclip vor, in dem sich der FARC-Kommandant "Mono Jojoy" entsprechend äußert. Das Video wurde nachweislich bearbeitet und ist aufgrund früherer Manipulationsversuche nicht vertrauenswürdig.

Aus Bogotá stammt auch die Behauptung, wonach Venezuela erklären sollte, wie schwedische Panzerabwehrwaffen vom Typ AT4 in die Hände der FARC gerieten. Hierzu erklärte Cano: "Die haben wir vor vielen Jahren bei einem militärischen Zusammenstoß an der Grenze erbeutet. Über das Geschehen wurde seinerzeit gross berichtet." Das hatte auch Venezuelas Präsident Hugo Chávez bei einer Pressekonferenz am 5. August in Caracas belegt. Der Überfall ereignete sich Mitte der 90er Jahre, als die Streitkräfte Kolumbiens und Venezuelas gemeinsam gegen die FARC vorgingen. Chávez zeigte eine detaillierte Liste, in der die venezolanische Armee die geraubten Waffen - darunter fünf AT4 - aufführte. Diese Informationen gingen damals auch an die Kolumbianer. Die entsprechenden Filmausschnitte aus der Pressekonferenz finden sich hier auf YouTube.

Trotzdem meldet die russische Nachrichtenagentur RIA am 12. August, dass die schwedische Regierung weiterhin auf eine Antwort aus Caracas erwartet. In der Meldung wird der Botschaftsrat für politische Fragen bei der schwedischen Botschaft in Caracas,Thomas Stromberg, mit den Worten zitiert: "Wir arbeiten jedoch über diplomatische Kanäle und verlieren nicht die Hoffnung, dass die venezolanische Regierung uns über diese Frage informieren wird".

Wie vorsichtig man beim Umgang entsprechender Unterstellungen aus Bogotá - und auch aus Washington - sein muss, belegt der Artikel "Der Sieg des Viktor Bout", der am 13. August in der Printausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschien. Darin beschreibt der USA-Korrespondent der FAZ, Matthias Rüb, detailliert, wie die US-Drogenbehörde DEA einen Agenten zu dem russischen Waffenhändler schickte, der sich als Mitglied der FARC ausgab und sich "El Comandante" nannte. Letzterer interessierte sich auch für diverse Raketentypen, mit denen er Stützpunkte der US-Army und der kolumbianischen Armee angreifen wollte. Die Verkaufsgespräche schnitten die DEA-Beamten mit und wollen sie in einem Verfahren gegen Bout verwenden. Bleibt die Frage, wie oft US-Geheimdienste weitere falsche FARC-Guerilleros oder vielleicht sogar "venezolanische Offizielle" rund um den Globus geschickt haben, um Waffen westlicher Produktion zu kaufen. Die Episode belegt, dass es mindestens immer eine Alternative zur "offiziellen Version" gibt - besonders dann, wenn ein Fall einen Geheimdiensthintergrund hat, bei dem US-Dienste mitmischen.