Venezuela

Chávez zieht positive Bilanz 2009

Soziale Indikatoren trotz Finanzkrise solide. Venezuelas BIP fällt, doch Staatsinvestitionen wachsen weiter

Caracas. In einer Fernsehansprache zum Jahresende hat sich Venezuelas Präsident Chávez zufrieden gezeigt. Das Jahr 2009 "endet mit einem Lächeln", sagte er am Mittwoch. Trotz der "weltweiten Krise des Kapitalismus" habe es in Venezuela Fortschritte gegeben.

Als Beispiel nannte er das Gesundheitsprogramm Barrio Adentro. Die mit Hilfe von Kuba aufgebaute konstenlose Basisversorgung in den Armenvierteln hatte mit Problemen zu kämpfen. So waren viele der eingerichteten Arztpraxen, die so genannten "Module", unbesetzt. Seit Oktober habe die Regierung aber alles daran gesetzt, dies bis zum Jahresende zu korrigieren.

Chávez informierte nun, dass mittlerweile wieder alle Beratungsmodule besetzt seien. Dies sei durch den Einsatz von hunderten neuen Ärzte aus Kuba und über 2.000 venezolanischen Medizinstudierenden möglich geworden. Letztere absolvieren derzeit im Rahmen ihres Medizin-Studiums auf Kuba ein Praxissemester in Venezuela. Weit über 20.000 junge VenezolanerInnen studieren derzeit "medicina comunitaria" auf der Karibikinsel. Langfristig sollen sie die kubanischen Ärzte in Venezuela vollständig ersetzen.

Unterdessen teilte die Zentralbank des Landes mit, dass dieses Jahr in Venezuela erstmals seit fünf Jahren kein wirtschaftlicher Wachstum zu verzeichnen ist. Zwar sei der öffentliche Sektor durch staatliche Investitionen und Übernahmen insgesamt wieder leicht gewachsen, insgesamt fiel das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in 2009 jedoch um 2,9 Prozent.

Den größten Anteil an dem Abschwung hat der Abfall des Ölpreises und die Verringerung der Ölförderung durch Produktionskürzungen der Organisation Erdöl-exportierender Staaten (OPEC). Die Ölbranche ging um 6,1 Prozent zurück. Im Kontrast dazu gab es starken Wachstum im Kommunikationssektor (10,1 Prozent), aber auch Fortschritte im Bauwesen (3,1 Prozent) und bei der Elektrizitäts- und Wasserversorgung (4,6 Prozent).

Für nächstes Jahr rechnen Analysten und Regierung mit einem Stillstand des BIP. Vorteil der weitgehenden Abkühlung der Wirtschaft ist ein Rückgang der Inflation im Land. Finanzminister Alí Rodríguez rechnet mit 27 Prozent für 2009. Im letzten Jahr war sie auf fast 31 Prozent angewachsen.

Soziale Indikatoren zeigen nach oben

In der UNO-Rangliste für menschliche Entwicklung (Human Development Index, HDI) ist Venezuela im vergangenen Jahr vier Plätze nach vorne gerückt, so der Präsident des Nationalen Statistik-Institutes (INE), Elías Eljuri. Demnach befindet sich Venezuela nun auf Platz 58 von 182 Ländern. Zum Vergleich: Deutschland liegt unverändert auf Platz 22. Der HDI berücksichtigt nicht nur das BIP, wie beispielsweise der Ländervergleich der Weltbank, sondern bezieht auch die Lebenserwartung und den Bildungsgrad mit ein.

Der venezolanische Gini-Koeffizient, der die Ungleichheit einer Gesellschaft darstellen soll, hat mit 0,437 Punkten laut dem Statistik-Institut weiterhin den niedrigsten Stand in ganz Lateinamerika. Ein niedrigerer Wert bedeutet weniger Ungleichheit. In Armut leben weiterhin 26 Prozent der Bevölkerung, in extremer Armut 7 Prozent. Diese Zahlen sind damit unverändert im Vergleich zum Vorjahr. Die Erhebung berücksichtigt die Entwicklung bis Oktober. Allerdings muss dabei beachtet werden, dass die Daten nur auf Basis der Haushaltseinkommen berechnet werden. Staatliche Unterstützungen wie kostenlose Gesundheitsversorgung bleiben dabei unberücksichtigt.

+++ Update +++

Anfang des neuen Jahres 2010 hat das INE abschließende Statistiken für 2009 vorgelegt. Demnach sank der Gini-Koeffizient bis Ende 2009 auf 0,393, während die Armutsquote auf 24,2 Prozent der Bevölkerung fiel. Der Anteil an Menschen, die in extremer Armut leben, sank demnach auf 6 Prozent.