Venezuela

Patente dürfen Fortschritt nicht blockieren

Venezuela diskutiert Gültigkeit von Patenten. Geistiges Eigentum an wichtigen Medikamenten und landwirtschaftlichen Gütern wird beschränkt

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Patente dürfen Fortschritt nicht blockieren
Samán und Vertreter der pharmazeutischen Industrie

Caracas. Das Ministerium für Handel in Venezuela kündigte gestern an, dass ein neues Gesetz über industrielles Eigentum ausgearbeitet wird. Eduardo Samán, Minister für Handel in der Regierung Chávez, erklärte vor dem Parlament, Patente dürften weder die Wirtschaftsentwicklung behindern, noch den Zugang zu medizinischen und landwirtschaftlichen Gütern blockieren. Deshalb überprüft das Handelsministerium gegenwärtig die zugelassenen Patente. Sie müssen in Übereinstimmung mit der nationalen und internationalen Gesetzgebung gebracht werden. Bisher werden nur etwa ein Drittel der in Venezuela verbrauchten Medikamente auch im Land selber produziert.

Nach einem Treffen mit dem Ministerium erklärten auch Vertreter von 19 pharmazeutischen Unternehmen in Venezuela ihre Unterstützung für eine Neufassung der entsprechenden Rechtsnormen. Der Präsident der Kammer für Generica (Canamega), Jorge Rivas, sprach sich dafür aus, dass der Gesetzgeber für ein stärkeres Gleichgewicht zwischen den Interessen der Patienten, bedürftigen Personen und den Notwendigkeiten von Investoren sorgt. "In Venezuela hergestellte Generica kosten weniger als 3 Dollar, während das gleiche Medikament aus einem multinationalen Unternehmen mehr als 10 Dollar kostet. Das macht deutlich, welche Möglichkeiten für einen verbesserten Zugang zu Medikamenten bestehen, wenn Patente überprüft werden."

Juristisch bestehen verschiedene Möglichkeiten, die Geltung von Patenten einzuschränken. So kann ihre Geltungsdauer verkürzt werden. Patente, deren wissenschaftliche Verwendung unterbunden wird, um kommerzielle Interesse zu schützen, können aufgehoben werden. Außerdem können bestehende Monopole aufgelöst und die Verpflichtungen zu einer nationalen Wirtschaftsentwicklung eingefordert werden. Erst Anfang Mai war in Venezuela ein neues Werk für die Herstellung von Medikamenten eröffnet worden. Das staatliche Unternehmen mit dem Namen Servicio Autónomo de Elaboraciones Farmacéuticas (Sefar) wird Insulin, Antibiotika und antiretrovirale Stoffe herstellen - zu solidarischen Preisen, wie Präsident Chávez versicherte, als er das Werk eröffnete.

Samán, der selber ein Studium der Pharmazie absolviert hat, wies energisch die Behauptung zurück, in Venezuela bestehe Knappheit an Medikamenten. "Sie erklären uns, dass wenn wir das Thema der Patente anrühren, wird es eine Verknappung der Medikamente geben. Das ist Unsinn und die Unternehmer werden das bestätigen." erklärte der Minister mit Blick auf die Berichterstattung einiger privater Medien in Venezuela. Anlass für die aktuelle Debatte über geistiges Eigentum ist ein Impfprogramm gegen Grippe, das aufgelegt wurde, um den Anstieg der Infektionen mit dem H1N1-Virus zu stoppen. Die Impfungen sind kostenlos, obwohl der Impfstoff von privaten Unternehmen hergestellt und importiert wird.


Mit Material von ABN