Tegucigalpa. In Honduras ist es am heutigen Sonntag zu einem Staatsstreich gekommen. Das berichten der lateinamerikanische Fernsehsender Telesur und nationale Medien. Nach bisher vorliegenden Informationen ist der Präsident des mittelamerikanischen Landes, Manuel Zelaya, am frühen Sonntagmorgen von vermummten Militärs festgenommen und verschleppt worden. Er soll sich inzwischen auf einer Militärbasis befinden.
Die Armee hat mit dem Putsch zugleich eine Volksabstimmung gewaltsam beendet. Am heutigen Sonntag sollte die Bevölkerung von Honduras darüber entscheiden, ob parallel zu den regulär anstehenden Wahlen im November über die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung entschieden wird.
Das Militär und weite Teile der Oberschicht hatten sich dem Vorhaben widersetzt, weil mit der Verfassungsänderung die anti-neoliberale Politik des linksliberalen Präsidenten im Grundgesetz verankert worden wäre. In dem Disput hatte sich zuletzt auch der Oberste Gerichtshof auf die Seite der Militärs gestellt.
Die venezolanische Radiostation Union Radio berichtet live über das Geschehen in Honduras. Das Signal ist online hier abrufbar.
Im Laufe des Vormittags (Ortszeit) versammelten sich Anhänger Zelayas zu spontanen Protesten, vor allem in der Hauptstadt Tegucigalpa. Vertreter sozialer Organisationen, die den Kurs des Präsidenten geschlossen unterstützt hatten, riefen zu einer Versammlung vor dem Präsidentenpalast auf, um die Rückkehr des Präsidenten zu fordern.
Im Gespräch mit Telesur berichtete die Außenministerin des Landes, Patricia Rodas, von der "Entführung des Präsidenten durch Militärs". Zugleich informierte Rodas die Sonderkorrespondentin des lateinamerikanischen Nachrichtensenders darüber, dass ihr eigenes Haus von Armeeeinheiten umstellt worden sei. Die Militärs hätten um ihren Wohnsitz auch Scharfschützen postiert, so die Ministerin. Andere Kabinettsmitglieder konnten offenbar untertauchen. "Keiner von uns weiß zum jetzigen Zeitpunkt, wie lange wir noch das Recht zur freien Meinungsäußerung haben werden", so Rodas.
"Wieder einmal wurde die Hoffnung auf Demokratie und Gerechtigkeit durch einen terroristischen Anschlag auf unser Volk ermordet", wird die Chefdiplomatin zitiert.
Ihnen gefällt, was Sie lesen?
Das freut uns. Unterstützen Sie unsere Arbeit. Regelmäßige Spenden helfen uns, das Projekt amerika21 nachhaltig aufzustellen.
Parallel zu der Festsetzung des Präsidenten wurden vom Militär offenbar Medienhäuser und Redaktionen besetzt. Der regierungsnahe Fernsehsender Canal 8 befand sich am Morgen bereits unter militärischer Besetzung. Die Telesur-Korrespondentin García berichtete zudem von einem "feindseligen Verhalten" der Putschisten gegen Pressevertreter.
amerika21.de dokumentiert einen ausführlichen ersten Bericht des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur in spanischer Sprache, da die Seite des Senders aufgrund der zahlreichen Anfragen nicht zu erreichen ist.
In Teilen der Hauptstadt und womöglich weiterer Landesteile fiel der Strom aus. Vertreter sozialer Organisationen vermuteten dahinter eine Strategie der Putschisten, um die Kommunikation zwischen regierungstreuen Teilen der Armee und zivilen Anhängern von Präsident Zelaya zu erschweren. In Teilen der Hauptstadt wurden die Telefonverbindungen gekappt.
Während Telesur und honduranische Medien von einem "golpe de estado" (Staatsstreich) sprachen, berichteten rechtsgerichtete Medien in Lateinamerika von der "detención" (Festnahme) des gewählten Präsidenten. Diese Sprachregelung wurde weitgehend von deutschen Medien übernommen. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet auf der Basis von Nachrichtenagenturen von einer "Festnahme" und "Verhaftung". Auch die Deutsche Presse-Agentur berichtete von einer "Festnahme".
Die Ehefrau des Präsidenten, Xiomara Castro de Zelaya, sprach in einem Telefoninterview von Misshandlungen des Staatschefs. Er nach der Erstürmung seines Hauses "schwer misshandelt" und "geschlagen" worden. Nach letzten Meldungen soll der gewählte Präsident Zelaya von den Putschisten nach Costa Rica abgeschoben worden sein.
Bildquelle: telesurtv.net