Honduras / EU

Annäherung an Putschregime in Honduras

EU will mit Machthabern über ein Assoziierungsabkommen verhandeln, IWF zahlt einen Millionenkredit.

Brüssel/Tegucigalpa. Während internationale Menschenrechtsorganisationen eine Zunahme der Gewalt nach dem Staatsstreich in Honduras beklagen Menschenrechtsverstöße in Honduras bestätigt, will die Europäische Union mit dem Putschregime in Tegucigalpa über ein Assoziierungsabkommen verhandeln. Das hat die Lateinamerika-Kommission des EU-Ministerrates (COLAT) Anfang der Woche beschlossen. Wie die spanische Nachrichtenagentur EFE berichtete, wurde der Antrag Spaniens auf einen Ausschluss Honduras´ aus den seit 2007 laufenden Assoziierungsgesprächen abgelehnt. Eine solche Isolation sei "nicht sinnvoll", zitiert EFE nicht namentlich benannte EU-Vertreter.

Brüssel verfolgt damit eine widersprüchliche Politik gegenüber Honduras, dessen gewählter Präsident Manuel Zelaya am 28. Juni gestürzt wurde. Auf der einen Seite sollen die Verhandlungen auch mit honduranischen Regimevertretern fortgesetzt werden. Auf der anderen Seite erkennt die EU die Legitimität der Machthaber nicht an und will Mitte September über weitere Sanktionen beraten. Dieses Thema steht unter anderem bei dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee der EU Mitte des Monats auf der Agenda.

Die Entscheidung in der COLAT traf auch bei politischen Vertretern in Deutschland auf Kritik. Die Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen unter Einbeziehung von Honduras sei der Versuch der EU, "ihre neoliberale Freihandelsagenda in Zentralamerika gerade zu einem Zeitpunkt voranzutreiben, in die regionale Integration durch den Putsch geschwächt wurde", sagte die Bundestagsabgeordnete der Linken, Heike Hänsel, die auch unabhängig von der aktuellen Situation ein Assoziierungsabkommen ablehnt.

Zuvor hatte auch der Bundestagsabgeordnete der Grünen und Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Thilo Hoppe, eine Rücknahme der Entscheidung gefordert: "Die Putschisten dürfen nicht anerkannt werden, schon gar nicht als Verhandlungspartner für das Assoziierungsabkommen zwischen Zentralamerika und der EU." Noch vor Beginn der Verhandlungen hatte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner im Jahr 2007 die Kriterien für die Zusammenarbeit der EU mit den Staaten Zentralamerika erklärt: "Dazu zählen gute Regierungsführung und Demokratie, Justiz und der Kampf gegen Unsicherheit, Ungleichheit und Armut sowie Umweltschutz."

Dass auch Militärputsche dazugerechnet werden, war vielen Beobachtern bislang anscheinend nicht klar.

Indes sucht nicht nur die EU, sondern auch der Internationale Währungsfonds die Annäherung an die Putschregierung. Nach Agenturberichten hat der IWF den Machthabern in Tegucigalpa zu Monatsbeginn 150 Millionen US-Dollar aus einen Anfang April geschaffenen Krisenfonds zur Verfügung gestellt. Insgesamt sollen 163,9 Millionen Dollar ausgezahlt werden. Der Regionalbeauftragte des IWF für Lateinamerika, versicherte dem abgesetzten Chef der Honduranischen Zentralbank, Edwin Araque, zwar die alleinige Anerkennung der gewählten Regierung. Ein Dementi der Zahlung hat der IWF bisher aber auf seiner Homepage nicht veröffentlicht.

In politisch sensibleren Kreisen sorgt der Umgang mit Putschisten und Sympathisanten jedoch weiterhin für Zündstoff. Kommende Woche wird in Brüssel eine Konferenz "für progressive Parteienvertreter" zum geplanten Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Zentralamerika stattfinden. Ausrichter ist die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung. Auf dem Programm fand sich zunächst auch der Name des honduranischen Botschafters in Brüssel, Ramón Custodio Espinoza, einem Befürworter der Putschisten. Erst nach Protesten wurde er wieder ausgeladen. Die mehrtägige Konferenz sollte am 7. September beginnen und bis zum 11. September andauern - dem 36. Jahrestag des blutigen Militärputsches in Chile.


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