Lateinamerika

Umfrage zur Entwicklung Lateinamerikas

Umfassende Meinungsstudie zur politischen, kulturellen und ökonomischen Entwicklung südlich der USA in den nächsten 20 Jahren

Berlin. Das unter anderem von der UN-Universität getragene Millennium-Projekt zur Zukunftsforschung befasst sich erstmals in einer Echtzeitstudie mit den künftigen Entwicklungen in Lateinamerika. Mit einer hochmodernen Befragungsmethode, einem so genannten Real-Time-Delphi, werden Experten weltweit befragt. Die Delphi-Methode ist ein umfassendes Befragungsverfahren mit dem Ziel, künftige Ereignisse, Trends oder technische Entwicklungen möglichst exakt einschätzen zu können.

Das Vorhaben zeigt, dass die Befassung mit zukünftigen Entwicklungen weltweit immer wichtiger wird. Viele Trends sind nicht mehr selbstverständlich, tradierte westlich-kapitalistische Pfade verlieren Anziehungskraft, die tiefen Krisen überfordern Entscheidungsträger. Im Rahmen des Millennium-Projekts werden daher jährliche "Berichte über die Zukunft" veröffentlicht.

Nun sollen die laufenden Umwälzungen in Lateinamerika mit der bewährten Delphi-Methode untersucht und diskutiert werden. Die Frage: Wie wird sich der Kontinent in den nächsten zwei Jahrzehnten entwickeln?

Durch einen online zugänglichen Fragenkatalog werden Prognosen abgefragt und durch das Feedback aller anderen Urteile widergespiegelt. Dadurch können eigene Einschätzungen anhand anderer Meinungen überdacht und ggf. verändert werden. Man erhält eine Art Meinungsspektrum oder gar Konsens über die Wahrscheinlichkeit des Eintritts bestimmter Entwicklungen und deren Effekte.

Das Millennium-Projekt besteht aus drei Fragebereichen: Internationale Entwicklungen und deren Auswirkungen auf Lateinamerika, Entwicklungen in Lateinamerika und schließlich Ideen für mögliche Szenarien.

Obzwar das Akademikernetzwerk politisch neutral ist, sind einige Fragen deutlich nordatlantisch und eurozentrisch gefärbt und geben die Befindlichkeit der westlich-kapitalistischen Eliten wieder. So wird etwa gefragt, wie wahrscheinlich es ist, dass der venezolanische Präsident Hugo Chávez großen Einfluss in Lateinamerika gewinnt, und welche Folgen dies haben werde.

Zur Teilnahme sind Experten aufgerufen, die sich mit der Entwicklung in Lateinamerika beschäftigen und die sich mit anderen Fachleuten darüber austauschen wollen. Die Ergebnisse werden dann vom Millennium-Projekt für die Ausarbeitung von Szenarien über künftige Entwicklungen Lateinamerikas genutzt. Der Zugang erfolgt über die Seite des Real Time Delphi auf Englisch, Spanisch oder Portugiesisch. Anzugeben ist die eigene Internetadresse und als Stichwort "LAE2030". Es dürfte nicht schaden, wenn Expertinnen und Experten jenseits der nordatlantischen Akademikergemeinde daran teilnehmen und ihre Einschätzung einbringen.


Dr. Edgar Göll arbeitet als Zukunftsforscher in Berlin.