Runder Tisch Brasilien 2015

Höchst/Odenwald: Neue alte Vielfalt - Traditionelle Völker und Gemeinschaften in Brasilien - mit Gästen aus Brasilien

Landarbeiter, Indigene und Großgrundbesitzer – in diese vergleichsweise einfachen Kategorien wurde bis in die 1980er Jahre die brasilianische Gesellschaft in ländlichen Gebieten unterteilt. Aktuell treten verstärkt quilombolas (Nachfahren entflohener Sklaven), ribeirinhos (Flussanwohner/innen), geraizeiros (Bewohner/innen der Hochebenen des Cerrado von Minas Gerais) oder queibradeiras de coco de babaçu (Babaçu-Sammlerinnen) politisch in Erscheinung. Sie alle werden unter dem Begriff der traditionellen Völker und Gemeinschaften zusammengefasst. Trotz ihrer Unterschiede, gibt es zumindest eine Gemeinsamkeit: sie alle fordern die rechtliche Anerkennung kollektiver Territorien, die es ihnen ermöglicht ihr Land weiter nachhaltig zu bewirtschaften und dieses vor den Interessen der Agrar- und Bergbaukonzerne oder staatlicher Energieprojekte zu schützen.

Bereits Ende der 1970er setzte sich die traditionelle Gemeinschaft der Kautschukzapfer/innen im Bundesstaat Acre als erste nicht-indigene Gruppe für die Anerkennung kollektiver Territorien ein. Als juristische Kategorie sind die traditionellen Völker und Gemeinschaften jedoch noch relativ neu: Erst seit 2006 arbeitet eine Kommission zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung traditioneller Gemeinschaften; und 2007 wurde per Präsidialdekret die Nationale Politik für traditionelle Völker und Gemeinschaften verabschiedet. Dort wird festgeschrieben, dass Gruppen, die sich selbst als traditionelle Gemeinschaften bezeichnen, die sich kulturell von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden und die ihre Territorien für die kulturelle, soziale, religiöse und wirtschaftliche Reproduktion nutzen, auch als solche anerkannt werden. Außerdem erkennt das Dekret an, dass der Erhalt der Territorien essentiell für eine nachhaltige Entwicklung der Gruppen sei. Dies stellt die erste rechtliche Grundlage für die territorialen Forderungen der Gemeinschaften dar, auch wenn sie schwächer ist, als die in der Verfassung verankerten Rechte der Indigenen oder Quilombolas.

Auf der Tagung greifen wir aktuelle politische, juristische und akademische Debatten zu den traditionellen Völkern und Gemeinschaften auf. Neben den von ihnen gelebten, alternativen Wirtschafts- und Sozialstrukturen, beleuchten die Referent/innen die politische Organisation und Arbeit der politischen Vertreter/innen der Gemeinschaften. Konkrete Beispiele umkämpfter Territorien zeichnen den noch immer schweren Weg zur Anerkennung kollektiver Landrechte in Brasilien nach.

Mit:

  • Aderval Costa, Universidade Federal de Minas Gerais, Brasilien
  • Claudia de Pinha, Comissão Nacional dos Povos e Comunidades Tradicionais, Brasilien
  • Ademir Kabá Munduruku, Brasilien
  • Cleber Buzatto, Conselho Indigenista Missionário, Brasilien
  • Dieter Gawora, Uni Kassel, Deutschland

Anmeldung bis 13. November 2015 bei KoBra, Kooperation Brasilien e.V.: www.kooperation-brasilien.org/l/00048

Termindaten
Datum: 27.11.2015, 17:00 - 19.04.2024, 19:25
Stadt: Höchst (im Odenwald)
Veranstaltungsart: Tagung
Veranstaltungsort: Kloster Höchst, Kirchberg 3, 64739 Höchst im Odenwald
Veranstalter: KoBra, Kooperation Brasilien e.V. u.a.