Chile nach dem Referendum – Chile después del plebiscito

Analysen zum Plebiszit und Perspektiven der sozialen Bewegung

Am 25. Oktober haben 78 Prozent der Wähler:innen in Chile im Plebiszit für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung gestimmt und ebenso viele für eine Verfassungsversammlung aus 100 Ptozent gewählten Vertreter:innen. Die chilenische Bevölkerung hat über die Erarbeitung einer neuen Verfassung entschieden und darüber wie das Gremium zusammengesetzt sein soll, das diese schreiben wird. Dass es zu dieser Abstimmung kam, ist ein „Erfolg der Straße“.

In Chile begann im Oktober 2019 ein sozialer Aufbruch. Monatelang gingen Hunderttausende auf die Straße oder trafen sich in den Stadtvierteln zu Nachbarschaftsversammlungen. Die Regierung antwortete auf die Proteste durch die Ausrufung des Ausnahmezustands. Sie schickte das Militär auf die Straßen und kriminalisierte die soziale Bewegung. Durch Polizeigewalt kam es zu vielen Toten und Verletzten.

Am 25. November beschloss die Mehrheit der Parlamentarier:innen, eine „Übereinkunft über den sozialen Frieden und eine neue Verfassung“.

An den Protesten beteiligten sich soziale Akteur:innen, die sich seit Jahren beispielsweise für Frauenrechte, für kostenlose Bildung, eine Wiederverstaatlichung des Rentensystems, gegen die Privatisierung des Wassers oder für Rechte der indigenen Bevölkerung einsetzen. Außerdem nahmen im Gegensatz zu sozialen Mobilisierungen der Vorjahre auch große Teile der Bevölkerung an den Protesten teil, die bislang keine aktive politische Partizipation hatten und nicht notwendigerweise Teil der oben genannten sozialen Akteur:innen waren.

Die Bewegung eint eine Kritik am neoliberalen Gesellschaftsmodell und eine Ablehnung der politischen Eliten. Als gemeinsamer Nenner wurde die Forderung nach einer neuen Verfassung aufgestellt. Die bis heute gültige chilenische Verfassung wurde 1980 von der Pinochet-Diktatur eingeführt und bildete durch die Betonung von Eigentumsrechten die Basis für weitreichende Privatisierungen. Diese Verfassung war der juristische Akt des Militärputsches von 1973 gegen die Regierung von Salvador Allende und seines Kampfes für den Aufbau eines „neuen Chile“. Heute, 50 Jahre später, fordert die Bewegung eine neue Verfassung, die sich wieder am Gemeinwohl orientiert und die Weichen für soziale Transformationen stellt.

Allerdings ist die Haltung der sozialen Bewegung zum Referendum und dem sich anschließenden Prozess der Ausarbeitung einer neuen Verfassung nicht einheitlich. Die Fragen des Plebiszits und die Rahmensetzung für das weitere Verfahren wurden von Regierungs- und Oppositionspolitiker:innen ohne die Beteiligung sozialer Akteur:innen ausgehandelt. Nun stellt sich die Frage, wie eine demokratische Partizipation im weiteren Prozess gestaltet wird.

Bei dieser Online-Veranstaltung sprechen wir mit drei Journalist:innen, die uns vom Wahltag berichten und einen Ausblick auf die weiteren Schritte des verfassungsgebenden Prozesses geben. Gleichzeitig sollen die diversen Perspektiven der sozialen Bewegung auf das weitere Verfahren erörtert werden.

Es berichten und diskutieren:

Carlos Escobar – freier Journalist, Mitarbeiter von Radio Plaza de la Dignidad und Korrespondent von Lateinamerika Nachrichten (LN)

Ute Löhning – freie Journalistin – Nachrichtenpool Lateinamerika (NPLA)

Leonel Yañez – Journalist, Professor an der Universidad de Santiago de Chile und Korrespondent von Nachrichtenpool Lateinamerika (NPLA)

Online-Veranstaltung in spanischer Sprache mit Simultanverdolmetschung

Für die Teilnahme über Zoom (mit Übersetzung ins Deutsche) bitte Anmeldung bis zum 26.10. an: jan.stehle [at] fdcl.org                                                                             

Ihr bekommt dann vor der Veranstaltung einen Link zugeschickt.

Radio Matraca ermöglicht einen Stream der Veranstaltung – ohne Übersetzung – über die Facebook-Seite: https://de-de.facebook.com/RadioMatracaBerlin/

Termindaten
Datum: 28.10.2020, 19:00 - 20:30
Stadt: Worldwideweb
Veranstaltungsart: Informations- und Diskussionsveranstaltung Livestream im Internet
Veranstalter: Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), Cabildo Berlin, Nachrichtenpool Lateinamerika (NPLA) und Radio Matraca, Allendes Internationale