Kontinentale Kräfte für ein anderes Lateinamerika

Viertägiges Treffen in Brasilien. Gemeinsame Mobilisierungen sowie Vernetzung der Weiterbildung und der Alternativmedien vereinbart

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200 Delegierte aus 22 Ländern nahmen am „Ersten kontinentalen Treffen der Sozialen Bewegungen in Richtung ALBA“ teil
200 Delegierte aus 22 Ländern nahmen am „Ersten kontinentalen Treffen der Sozialen Bewegungen in Richtung ALBA“ teil

Guararema/São Paulo. In Brasilien haben sich vom 16. bis zum 20. Mai in der Schule der Landlosenbewegung (MST) 200 Delegierte aus 22 Ländern

am "Ersten kontinentalen Treffen der Sozialen Bewegungen in Richtung ALBA" beteiligt. An vier Tagen fanden Diskussionen rund um die gemeinsamen Aktivitäten und Ziele der sozialen Bewegungen statt. Hauptthemen waren die gegenseitige Solidarität, der Kampf gegen transnationale Konzerne, die Kontrolle des Finanzkapitals, Aneignung der natürlichen Güter, Kampf gegen die Militarisierung des Kontinents und gegen die Verschärfung der Umwelt- und Klimakrise.

In der Abschlusserklärung des Treffens heißt es unter anderem: "Die Niederschlagung der Gesamtamerikanischen Freihandelszone (ALCA) 2005 war Ausdruck des Widerstandes der kontinentalen sozialen Bewegungen und des Auftretens neuer Volksregierungen, die sich dem Imperium entgegenstellen. Der stärkste Einsatz in diesem Sinn war 2004 das, was wir heute die Lateinamerikanische Allianz der Völker unseres Amerikas (ALBA) bezeichnen, initiiert von Fidel Castro und Hugo Chávez. ALBA ist vor allem ein politisches, anti-neoliberales und anti-imperialistisches Projekt, dessen Grundlagen die Prinzipien der Kooperation, der Komplementarität und der Solidarität sind." Weiter heißt es, dass die gesammelten Kräfte Lateinamerikas die Einheit und die regionale Integration fördern, die auf einem Modell einer alternativen, nachhaltigen, tragfähigen und solidarischen Form der Entwicklung beruht. Die Produktions- und Reproduktionsformen müssten den Bevölkerungen dienen, eine Integration für das Leben, den Frieden, die Unabhängigkeit, die Identität, der Gleichheit und die Befreiung Lateinamerikas sein.

Wie die Philosophin und Bewegungsforscherin Isabel Rauber aus Argentinien gegenüber amerika21.de erklärte, sei das Treffen zwar auch eine Unterstützung des ALBA-Prozesses, jedoch bleibt die Unabhängigkeit der Bewegungen von den Regierungen erhalten. In der Vergangenheit hätten die Parteien die Sozialen Bewegungen als Transmissionsriemen betrachtet, die die Politik der Regierungen umsetzen. Auf der anderen Seite hätten häufig soziale Bewegungen in der Opposition zur Regierung Forderungen gestellt. Jetzt ginge es aber darum, "von unten die Alternativen zu entwickeln und gemeinsam mit den progressiven Regierungen umzusetzen". Dafür sei eine gleichberechtigte Beziehung zwischen den Beteiligten und gemeinsames Handeln erforderlich.

Als Beispiel hatte Isabel Rauber in ihrem Vortrag darauf hingewiesen, dass es nicht ausreichen würde, wenn Regierungen Ziele wie eine andere Lebensform (Buen Vivir) erklären würde, sondern das Bewusstsein und Handeln der Menschen müsse sich verändern. Für Rauber sind andere Produktionsmodi und Konsumverhalten von großer Bedeutung. Die Herausforderung für die Bewegungen, diese zu ändern sei jedoch sehr groß: "Die Verführungen der Märkte zu immer mehr Konsum und das Konsumverhalten des großen Teils der Bevölkerungen sind immer noch dominant. Um Veränderungen zu erreichen, sind eine intensive Bildungspolitik und konkrete Vorschläge für eine andere Wirtschaft notwendig", so Rauber im Gespräch mit amerika21.de. Wichtig sei auch die Überwindung der Konkurrenz und die Solidarität auf allen Ebenen.

Auf dem Treffen wurden gemeinsame Mobilisierungen vereinbart sowie die Vernetzung der Weiterbildung und der alternativen Medien. So sollen der Friedensprozess in Kolumbien, die bolivarische Revolution und der Abzug des Militärs aus Haiti Gegenstand von Mobilisierungen sein.

Im Gegensatz zu dem ALBA-Beirat der sozialen Bewegungen waren bei dem jetzigen Treffen Vertreter aus allen lateinamerikanischen und karibischen Staaten beteiligt, während im Beirat nur Vertreter aus den Mitgliedsstaaten sind.