Kolumbien plant Vertreibung von 9.000 Menschen

Mit einer Landbesetzung wollen Einwohner Errichtung einer Militärkaserne verhindern. Sie fordern stattdessen sozialen Wohnungsbau

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Camp der Landbesetzer auf dem Grundstück in Fortul, das für den Bau einer Militärkaserne gedacht war
Camp der Landbesetzer auf dem Grundstück in Fortul, das für den Bau einer Militärkaserne gedacht war

Arauca. Im nordöstlichen Bundestaat Arauca will das Verteidigungsministerium 9.000 Landbesetzer von staatlichen Ländereien räumen lassen. Diese seien für den Bau

einer neuen Militärkaserne vorgesehen. Die mittlerweile 1.600 betroffenen Familien haben sich seit November dort angesiedelt, um den Militärbau zu verhindern und um sozialen Wohnungsbau zu fordern. Demgegenüber ist "die Position des Verteidigungsministeriums ganz klar: Jede Staatsbehörde, deren Grundstück besetzt worden ist, ist vom Gesetz verpflichtet, es zu verteidigen", sagte der Gouverneur Araucas, Alejandro Sarmiento.

Inzwischen sind in dem betroffenen Bereich 12 Viertel entstanden, die neben dem Hauptdorf des Gemeindebezirks Fortul liegen. Ihre Bewohner kämen aus armen Dorfteilen oder seien Vertriebene, sagte Sonia López, die Anwältin der juristischen Organisation Joel Sierra. Die Besetzer setzten sich gegen den Militärbau ein, weil er die Grundschüler und Gymnasiasten der gegenüber liegenden Bildungseinrichtung gefährde, wenn das dort stationierte Bataillon von der Guerilla angegriffen würde.

In Kolumbien gebe es eine Strategie der Polizei und der Streitkräfte, bei Angriffen der Guerillas die Zivilbevölkerung von Konfliktzonen als Schutzschild zu benutzen, klagte der Kolumnist der Zeitung El Espectador, Alfredo Molano. Das hätte sehr oft das Leben von Zivilisten gekostet, die ins Kreuzfeuer geraten seien. Der Sicherheitsrat hat deshalb unlängst verordnet, dass "Polizeistationen einen Standort haben müssen, der die umliegende Bevölkerung nicht gefährdet."

Ähnliche Verordnungen gibt es für Militärkasernen nicht. Trotzdem hätten sich Vertreter der Regierung und des Militärs im Rahmen von Menschenrechtstreffen mit Sprechern der Bevölkerung im September dazu verpflichtet, das Militärprojekt in Fortul zu verwerfen, erklärt López.

Die logische Folge der Vereinbarung müsste sein, dass das Gelände für andere staatliche Projekte genützt werden könne, so die Anwältin weiter. Da das Bedürfnis nach staatlich gefördertem Wohnungsbau für die ärmsten Einwohner von der Regionalregierung seit langer Zeit unbeachtet bliebe, entschieden sich die Familien, das 100 Hektar große Gebiet zu besetzen. "Die Leute, die hier sind, sind sehr bedürftige Menschen, kleine Leute. Wir träumen davon, ein kleines Stück Land, ein Häuschen zu haben, um eine Basis für die Familie zu schaffen", sagt  Carlos Ariza, einer der Sprecher der Besetzer.

Wegen einer Klage des Verteidigungsministeriums sind am 20. Januar Polizei und Armee dort erschien, um das Gelände zu räumen. Die Polizei stellte die Räumung ein, weil sie zu diesem Zeitpunkt nicht über genügend Personal verfügte, sagte der Polizeiinspektor von Fortul. Mit 9.000 Teilnehmern sei die Besetzung "die größte in der ganzen Geschichte Araucas", sagte der Versammlungsabgeordnete von Arauca, Ferney Tique. Es sei deshalb wichtig, eine Zwangsräumung zu vermeiden, die zu einer "Tragödie" führen könnte, führte der Oppositionelle aus. Die Räumung wurde zunächst auf den 4. Februar verschoben.

Die Militärkaserne von Fortul ist Teil einer Bauplanung von acht militärischen Einrichtungen in Arauca, die die Erdölinfrastruktur schützen sollen. In dem Bundesstaat sind vor allem die Erdölkonzerne Oxy und Pacific Rubiales tätig.