Kolumbien: Folterhäuser in Buenaventura entdeckt

Krise durch Paramilitär-Gewalt in Buenaventura. Bevölkerung weist auf den Hafenausbau als Hintergrund hin

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Bajamar, Stadtteil der Hafenstadt Buenaventura
Bajamar, Stadtteil der Hafenstadt Buenaventura

Buenaventura, Kolumbien. Die Polizei hat in der pazifischen Hafenstadt Buenaventura vier Häuser gefunden, in denen Paramilitärs

Menschen bei lebendigem Leib zerstückelt haben. Fast ein Dutzend Körperteile sind außerdem in den letzten Wochen am Strand entdeckt  worden. Über die Existenz von "casas de pique" ("Hackhäuser") in den armen Vierteln sprechen die Einwohner von Buenaventura bereits seit langem. Dort bekäme die Nachbarschaft die Schreie der Opfer mit und auch, wie die Täter mit Tüten und Macheten nachts, aber auch tagsüber ein- und ausgingen, berichtete die Mutter eines Opfers.

Generell hat sich die Gewaltsituation in den letzten Jahren immer weiter verschärft. Allein in diesem Jahr sind über 50 Menschen ermordet und 20 Opfer des Verschwindenlassens geworden. Seit November hat es eine Welle von Massenvertreibungen aus den ärmeren Vierteln der Stadt gegeben. Im Jahr 2013 sind circa 5.000 Menschen innerhalb von Buenaventura vertrieben worden. Nach Angaben der ökumenischen Kommission Justicia y Paz (CIJP) gebe es zurzeit täglich zwischen zwei und drei Morde und zwischen drei und sechs Fälle von Verschwindenlassen. Gegen die Gewalt demonstrierten im Februar rund 30.000 Einwohner Buanaventuras.

Laut den Behörden sei die humanitäre Krise der Hafenstadt auf einen Krieg zwischen den kriminellen Banden "Urabeños" und "La Empresa" zurückzuführen. Für Menschenrechtler und organisierte Bewohner hingegen hängt die Gewalt der paramilitärischen Banden mit den Großprojekten zum Ausbau des Hafens und zur Modernisierung der Stadt zusammen.  

Ganze Viertel von Buenaventura müssen geräumt werden, damit solche Megaprojekte durchgeführt werden können, erklärt das Mitglied der Basisorganisation CORATEC, Orlando Castillo, gegenüber Contagio Radio. Auch die Stadtverwaltung selbst hätte Räumungen von anderen Vierteln bereits angeordnet, so Castillo.

Die territoriale Kontrolle von Stadtteilen durch Paramilitärs schwächt den Widerstand der Bevölkerung gegen eine mögliche Vertreibung. So sagte ein Anführer der paramilitärischen "Urabeños" im Oktober zu den Einwohnern, dass die "Chefs" befohlen hätten, die Bewohner zum Schweigen zu bringen, die ihre Unzufriedenheit wegen der Zwangsverkäufe und Zerstückelung ihrer Grundstücke geäußert hätten. "Wer damit nicht einverstanden ist, wird gefoltert, vertrieben oder getötet", drohte der Paramilitär.

Die ökumenische Kommission Justicia y Paz berichtet, dass die "Urabeños" seit September das dem Viertel unter ihre Kontrolle gebracht haben und beherrschen. Dies geschehe anscheinend durch Wegsehen oder Komplizenschaft der Sicherheitskräfte, so die CIJP weiter.

Die geplanten Ausbauprojekte des Hafens der pazifischen Stadt Buenaventura sind notwendig für den Handel im Rahmen der Pazifik-Allianz, zu der Kolumbien gehört - aber auch im Hinblick auf die 13 Freihandelsabkommen, die die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos unterzeichnet hat. Momentan laufen 55 Prozent des Exports durch diesen Hafen.

Santos besuchte Buenaventura in der vergangenen Woche, um ein Sozialhilfepaket und einen Sicherheitsplan für die Hafenstadt anzukündigen, mit denen die Gewaltsituation unter Kontrolle gebracht werden soll. Die Militarisierung der Stadt soll verstärkt und 380 neue Polizisten eingesetzt werden.

Der Verteidigungsminister Juan Carlos Pinzón leugnete indes, dass es permanente Folterhäuser gäbe. Die Verantwortlichen seien bereits festgenommen worden und seit sieben Tage hätte es keinen Mord mehr gegeben, betonte Pinzón.