Venezuela / Politik

PSUV beendet ersten Parteitag nach Chávez’ Tod

Beratungen über sechs Tage. Debatten um Wirtschaftspolitik und Ideologie. Erdölminister spricht Erhöhung der Benzinpreise an

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Podium beim Parteitag mit Präsident Maduro und anderen Spitzenpolitikern der PSUV
Podium beim Parteitag mit Präsident Maduro und anderen Spitzenpolitikern der PSUV

Caracas. Mit gut 30 Resolutionen haben die Delegierten beim Parteitag der sozialistischen Partei in Venezuela die Weichen für die Zeit nach dem 2013 verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez gestellt. Die Wirtschaftsprobleme des Erdölstaates und die ideologische Ausrichtung der Bolivarischen Revolution – wie der Reformprozess in Venezuela heißt – standen im Zentrum der sechstägigen Beratungen. Zwar war in den Beschlüssen vieles unklar formuliert, der Wille nach Veränderungen im ökonomischen Gefüge des Landes wurde aber deutlich. So plädierte eine Mehrzahl der 900 Delegierten für eine Erhöhung der in Venezuela stark subventionierten Benzinpreise – bislang ein Tabuthema.

Er war das erste Treffen dieser Art nach dem Tod von Revolutionsführer Hugo Chávez Anfang März vergangenen Jahres: der 3. Parteitag der Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV). Vor diesem Hintergrund mussten von Sonntag bis Donnerstag vor allem die neuen Führungen von Partei und Regierung legitimiert und wirtschaftspolitische Linien definiert werden.

Zumindest auf dem Papier ist die PSUV gut sieben Jahre nach ihrer Gründung mit 7,5 Millionen Mitgliedern eine der weltweit größten Parteien. Beobachter schätzen, dass mindestens 1,5 Millionen auch aktiv sind.

Die bestehenden wirtschaftlichen Probleme wurden immer wieder zum Thema der Debatten. Auch gut eineinhalb Jahrzehnte nach Beginn des venezolanischen Reformprozesses ist es dem Land nicht gelungen, sich von der erdrückenden Dominanz der Erdöl-Export-Ökonomie zu lösen. Das rächte sich zuletzt auf mehrfache Weise: Zum einen ist das Land in einem hohen Maße von Waren- und Nahrungsmittelimporten abhängig. Oppositionelle Unternehmer nutzen das, um das teilweise ohnehin schmale Angebot künstlich zu verknappen. Zum anderen steht die bei einem festen Wechselkurs überbewertete Nationalwährung Bolívar unter dem enormen Druck eines expandierenden Schwarzmarktes. Ein Teil der gut 30 Resolutionen befassten sich daher direkt mit den notwendigen wirtschaftlichen Reformen.

So soll die Ölabhängigkeit der Wirtschaft überwunden und "eine produktive Revolution vorangetrieben" werden. Die PSUV-Delegierten riefen einen "Wirtschaftskrieg gegen die steigenden Preise" aus, sie wollen die sozialpolitischen Errungenschaften der vergangenen Jahre bewahren und ausbauen, "die Partei zu einem mächtigen Instrument im Kampf gegen die Armut ausbauen", Bürokratie und Korruption bekämpfen.

Während die Probleme – darunter der Devisenschwarzmarkt und eine 60-prozentige Inflation – sehr konkret sind, blieben diese Zielsetzungen jedoch schwammig. Spannend war und ist vor diesem Hintergrund die Debatte innerhalb der PSUV und in ihrem Umfeld. Denn während Staatspräsident Maduro erwartungsgemäß an die Spitze der PSUV gewählt und sein verstorbener Amtsvorgänger Chávez – dessen überlebensgroßes Konterfei über der Bühne hing – zum "ewigen Kommandanten" der Revolution ernannt wurde, gab es schon vor dem Kongress rege Debatten über die ideologische und wirtschaftspolitische Linie. Jorge Giordani hatte sich nach seiner Entlassung als Planungsminister aus dem Kabinett Maduro Mitte Juni mit einer harschen Kritik an der Wirtschaftspolitik zu Wort gemeldet. Der Wirtschaftsexperte hatte Anfang der 90er Jahre – damals noch als Politiker der linksgerichteten Bewegung zum Sozialismus (MAS) – Kontakt zu Chávez aufgenommen und ihn zeitlebens begleitet. Weitere Wortmeldungen kamen unter anderem von dem Nachwuchspolitiker und Maduro-Berater Temir Porras und der trotzkistischen Gruppierung in der PSUV, Marea Socialista.

Für Echo in der venezolanischen Presse sorgte indes ein Vorschlag des Erdöl- und Bergbauministers Rafael Ramírez. Er sprach über die Notwendigkeit, die stark subventionierten Benzinpreise zu erhöhen. Das Thema war in Venezuela in den vergangenen Jahren immer wieder aufgekommen, wurde aber nie weiterverfolgt. 1989 hatte eine angekündigte drastische Erhöhung zu dem sozialen Aufstand des "Caracazo" geführt. Der Schritt ist seither ein politisches Tabu. Dennoch brachte Ramírez das Thema nun in die Diskussion ein: "Venezuela verbraucht mit 800.000 Barrel täglich mehr Treibstoff als Brasilien, wenn man die Bevölkerungszahlen vergleicht." Die Subventionen beliefen sich auf 15 Milliarden US-Dollar jährlich. Ein erheblicher Teil des venezolanischen Bezins wird ins lateinamerikanische Ausland geschmuggelt, vor allem nach Kolumbien.