Argentinien: Präsident Macri stellt sich Wiederwahl in schwieriger politischer Situation

Umfragen sehen Macri im Hintertreffen. Bereits mehrere Kandidaten aus peronistischem Lager fix. Rolle von Cristina Kirchner weiter unklar

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Landesweiter Protesttag in Argentinien am 20. März gegen die neoliberale Politik der Regierung Macri
Landesweiter Protesttag in Argentinien am 20. März gegen die neoliberale Politik der Regierung Macri

Buenos Aires. Staatspräsident Mauricio Macri hat seine erneute Kandidatur für die im Oktober stattfindenden Präsidentschaftswahlen in Argentinien angekündigt. In einem Fernsehinterview für den privaten Sender América TV sagte er, Argentinien hätte einen "Weg eingeschlagen" und er fühle sich den Menschen gegenüber verantwortlich, die auf die Fortsetzung dieses Weges setzen. Zugleich wiederholte er seine bereits mehrfach getätigte Aussage, das Land stehe gegenwärtig "besser da", als zu Beginn seiner Amtszeit im Dezember 2015. Als dringendstes politisches Anliegen nannte Macri die Eindämmung der Inflation, denn er sehe, dass es derzeit viele Menschen gebe, "denen es schwerfällt, bis ans Ende des Monats zu gelangen."

Neuesten Umfragen zufolge ist es um Macris Chancen für eine Wiederwahl gegenwärtig jedoch nicht gut bestellt. Das Zentrum zur Erforschung der Öffentlichen Meinung (CEOP) ermittelte kürzlich, dass der aktuelle Präsident in einem ersten Wahlgang derzeit lediglich mit rund 27 Prozent der Stimmen rechnen kann, während die ehemalige Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner im Falle einer Kandidatur auf über 31 Prozent kommen würde. In einer notwendig werdenden Stichwahl würde Kirchner aktuell mit rund 37 Prozent gegenüber 34 Prozent für Macri die Oberhand behalten. Vor zwei Wochen musste Macris Regierungsbündnis Cambiemos in den Gouverneurs- und Legislativwahlen der patagonischen Provinz Neuquén bereits eine herbe Niederlage einstecken. Der Kandidat von Cambiemos auf den Gouverneursposten erhielt dort lediglich 15,3 Prozent der Stimmen, das waren 5,5 Prozentpunkte weniger als noch im Jahr 2015.

Sollte sich das peronistische Lager auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen können, könnten die Wahlen bereits im ersten Urnengang entschieden werden, so die Umfrage von CEOP. Ein derartiges Szenario gilt jedoch als unwahrscheinlich. In der Zwischenzeit hat der ehemalige Gouverneur der Provinz Buenos Aires und Präsidentschaftskandidat des Kirchner-Lagers im Jahr 2015 Daniel Scioli seine erneute Kandidatur bekanntgegeben. "Wir können nicht sämtliche Hoffnungen auf die Schultern der Ex-Präsidentin laden", begründete Scioli seine Entscheidung. "Ich fühle mich jenen 49 Prozent der Argentinier gegenüber verantwortlich, die mich 2015 gewählt haben." Auch der Anführer der zum peronistischen Lager zählenden "Front für die Erneuerung", Sergio Massa, hat sein Antreten bereits bestätigt. Noch unklar ist hingegen, ob sich der frühere Wirtschaftsminister Roberto Lavagna und der Gouverneur der Provinz Salta Juan Manuel Utrubey der Wahl stellen werden. Gerüchte um eine Kandidatur von Kirchner waren bereits Anfang Februar an die Öffentlichkeit gedrungen. Eine Bestätigung der Ex-Präsidentin blieb seither jedoch aus.

Die Nennfrist für die Präsidentschaftswahlen endet im Juni. Im August finden offene und verpflichtende Vorwahlen statt, in denen die Kandidaten innerhalb jeder Partei bzw. jedes Wahlbündnis offiziell gekürt werden. Der erste Wahlgang wird im Oktober stattfinden, eine eventuell nötige Stichwahl im November.

Zentrales Wahlmotiv wird die aktuelle ökonomische Situation des Landes sein. "Sieben von zehn Argentiniern bringen ihre Besorgnis über die wirtschaftliche Lage zum Ausdruck", so der Soziologe Roberto Bacman von CEOP. "Diese basieren auf drei Wahrnehmungen: die Inflation, die furchteinflößende Wirtschaftsentwicklung und die Kosten für Tarife und Gebühren, die unbezahlbar erscheinen." Im Februar dieses Jahres erreichte die monatliche Inflation mit 3,8 Prozent eine erneutes Rekordhoch. Über ein Jahr gerechnet bedeutet dies eine Preissteigerung von mehr als 50 Prozent. Der US-Dollar hat zuletzt erneut die 40-Peso-Marke deutlich überschritten.

Am vergangenen Mittwoch riefen daher erneut zahlreiche soziale Organisationen zu Protesten auf. Mehr als 200.000 Personen hielten im ganzen Land Versammlungen und öffentliche Ausspeisungen ab. Sie forderten die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und die Erhöhung von Sozialleistungen für die ärmsten Schichten der Bevölkerung. Laut dem Zentrum für Forschung und Ausbildung (Cifra) des Gewerkschaftsverbands CTA lebten im dritten Trimester 2018 über 28 Prozent der argentinischen Bevölkerung oder 12,6 Millionen Personen in Armut. Das ist ein Anstieg um mehr als drei Prozentpunkte gegenüber 2017.