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Falsos Positivos in Kolumbien: Sonderjustiz für den Frieden klagt Ex-General an

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"Wer gab den Befehl" ? Als dritter von links in der oberen Reihe ist Ex-General Montoya zu sehen
"Wer gab den Befehl" ? Als dritter von links in der oberen Reihe ist Ex-General Montoya zu sehen

Bogotá. Die Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) in Kolumbien klagt den ehemaligen General Mario Montoya wegen außergerichtlicher Hinrichtungen im Departamento Antioquia an. Er befehligte dort zwischen 2002 und 2003 die Vierte Brigade.

Montoya wird beschuldigt, einer der Hauptkoordinatoren für die Tötung von Menschen gewesen zu sein, um sie als im Kampf getötete Guerillas darzustellen. Mindestens 16 ehemalige Soldaten sagten aus, er habe die außergerichtlichen Hinrichtungen ‒ auch als "Falsos Positivos" (Falsche Positive) bekannt ‒ angeordnet und angeleitet.

Montoya wies die Vorwürfe bislang stets zurück.

Mehrere Zeugenaussagen ehemaliger Militärangehöriger stimmen darin überein, dass Montoya als ihr Vorgesetzter ihnen befahl, mehrere dieser Morde zu begehen, und zwar mit dem unmissverständlichen Befehl: "Ich brauche keine Liter Blut, ich brauche Tankwagen voller Blut".

Montoya, der von 2006 bis 2008 während der Regierung von Ex-Präsident Álvaro Uribe Vélez Generalstabschef der Streitkräfte war, wird von der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden beschuldigt, einer der Hauptverantwortlichen für die außergerichtlichen Hinrichtungen zu sein, als er die Vierte Brigade in Antioquia befehligte.

Zwei Berichte der Generalstaatsanwaltschaft und drei Berichte von Opferorganisationen weisen auf ihn als Verantwortlichen für diese Verbrechen hin. Hinzu kommen die Aussagen mehrerer ehemaliger Soldaten, vor allem des 4. Artilleriebataillons Jorge Eduardo Sánchez.

In wenigen Tagen muss Montoya entscheiden, ob er die Anklagen akzeptiert, andernfalls wird ihm vor der JEP ein Prozess gemacht, bei dem er zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt werden könnte.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Montoya wegen mindestens 104 Morden. Außerdem wird er der Korruption und des Paramilitarismus beschuldigt.

Die JEP wird auch die ehemaligen Kommandeure anklagen, die die Bataillone der Vierten Brigade anführten, unter anderem das Bataillon Pedro Justo Berrío, das Bataillon Juan del Corral und das Bajes-Bataillon.

Das Oberste Gericht von Bogotá (Tribunal Supremo de Bogotá) hatte 2021 die Anhörung der Anklage gegen den ehemaligen Armeegeneral Montoya wegen Fällen von außergerichtlichen Hinrichtungen abgelehnt. Der mit dem Fall beauftragte Richter sah die Zuständigkeit hierfür bei der Sonderjustiz für den Frieden, an die sich der Ex-Militär im Oktober 2018 gewandt hatte.

Montoya wurde bisher nicht durch die Sonderjustiz belangt und wäre der erste (Ex-) General, der im Zusammenhang mit den "Falsos Positivos" rechtlich zur Verantwortung gezogen wird.

Unter der Regierung von Álvaro Uribe (2002-2010) ermordeten Soldaten der kolumbianischen Streitkräfte Zivilpersonen, die sie als im Kampf gefallene Guerillaangehörige ausgaben, um "Erfolge im Kampf gegen die Terroristen" zu präsentieren, Quoten zu erfüllen und Prämien zu erhalten. Einem 2021 veröffentlichten Untersuchungsbericht der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden zufolge ist die Armee im Zuge der sogenannten Falsos Positivos für den Tod von 6.402 Zivilist:innen verantwortlich.