Wenig Europa, mehr Integration beim Mercosur-Gipfel in Rio de Janeiro

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Regierungschefs beim Mercosur-Gipfel in Brasilien 2023
Mercosur-Gipfel in Rio de Janeiro

Rio de Janeiro. Die Regierungschefs der Länder des südamerikanischen Wirtschaftsbündnisses Gemeinsamer Markt des Südens (Mercosur) haben auf ihrem Treffen in der ersten Dezemberwoche den Prozess der Integration behandelt. Die Regionalorganisation bestehend aus Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay erweiterte sich um Bolivien und auf einen Wirtschaftsraum mit einer Bevölkerung von rund 260 Millionen Menschen.

Das Bündnis feierte auf dem Gipfel die Aufnahme Boliviens als Vollmitglied. Das Andenland muss nun innerhalb von vier Jahren seine einschlägigen Rechtsvorschriften an die der übrigen Mitgliedsländer anpassen.

Außerdem unterzeichnete der Mercosur ein Freihandelsabkommen mit Singapur, das beide Parteien zur Senkung der Ein- und Ausfuhrzölle verpflichtet. Es ist das erste Abkommen dieser Art, das mit einem Partner im asiatisch-pazifischen Raum geschlossen wurde.

"Singapur ist eines der wichtigsten Exportziele des Mercosur und ein wichtiger Investitionspartner. Die Handelsströme zwischen dem Mercosur und Singapur beliefen sich im Jahr 2022 auf etwa zehn Milliarden US-Dollar", heißt es in der Erklärung. Im selben Jahr war Singapur für Brasilien nach China der zweitgrößte Markt für seine Exporte in Asien.

Der Gipfel stellte die Fortschritte für den Mercosur fest, die er bei den Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit Ländern wie Ecuador, El Salvador, der Dominikanischen Republik, Kanada, Indonesien und Vietnam erzielt habe, sowie die Möglichkeit, einen Dialog mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und eine Annäherung an China einzuleiten.

Das gemeinsame Kommuniqué hielt fest, dass diese und weitere Abkommen vorangetrieben würden und der Dialog mit der Europäischen Union (EU) wieder aufgenommen werden solle. Im Vorfeld des Gipfels in Rio hatte dieses Thema weite Teile der Berichterstattung dominiert, nachdem Brasiliens Präsident Luiz Inácio "Lula" da Silva die Absicht erklärt hatte, das Freihandelsabkommen zwischen Mercosur und der EU zum Abschluss zu bringen. Unterschiedliche Hindernisse seitens Argentiniens, Paraguays und Frankreichs waren ebenfalls Teil der Debatten.

Eine weiteres Thema auf dem Gipfel waren die so genannten "Fünf Wege zur Integration", eine ambitionierte Politik, die darauf abzielt, den Fokus auf die Infrastruktur und deren verbindende Rolle zu setzen.

Aus aktuellem Anlass brachten die Mitgliedstaaten des Mercosur und die assoziierten Länder Chile, Peru, Kolumbien, Ecuador, Guyana und Surinam ihre "tiefe Besorgnis" über die Zunahme der Spannungen zwischen Venezuela und Guyana zum Ausdruck und betonten: "Lateinamerika muss ein Gebiet des Friedens sein und im vorliegenden Fall mit den Mitteln seiner langen Tradition des Dialogs arbeiten." Einseitige Aktionen sollten vermieden und beide Parteien zum Dialog und zur Suche nach einer friedlichen Lösung des Konflikts aufgefordert werden.

In dem von Lula vorgelegten Text wurden weder Nicolás Maduro noch der Präsident Guyanas, Mohamed Irfaan Ali, direkt erwähnt.

"Was wir hier in Südamerika nicht wollen, ist Krieg. Nur mit Frieden können wir Wohlstand schaffen und das Leben unserer Völker verbessern", erklärte Lula und fügte hinzu: "Wir wollen nicht, dass diese Frage die Wiederaufnahme des regionalen Integrationsprozesses beeinträchtigt oder eine Bedrohung für Frieden und Stabilität darstellt."

Bei seiner ersten Gipfelteilnahme als Vollmitglied schlug der bolivianische Präsident Luis Arce vor, für den Kampf gegen den Drogenhandel und die Bekämpfung der Brände im Amazonasgebiet auf Zusammenarbeit zu setzen.

"Es gibt ein Problem, das uns in der Region schon immer geplagt hat, nämlich das Problem des Drogenhandels, das heute sogar die Politiker mehrerer unserer Länder in Schwierigkeiten bringt und deutlich zeigt, dass der Kampf (...) gegen diese Geißel nicht mehr nur einem Land gehört", erklärte Arce. Der Kampf sei verloren, wenn er nicht gemeinsam angegangen würde.

Die Region würde "seit vielen Jahren stigmatisiert, nicht nur Kolumbien, Mexiko und Bolivien, sondern auch andere Länder", warnte er und wies auch auf die politischen und wirtschaftlichen Aspekte dieses Themas hin.

In Bezug auf die Waldbrände schlug der Präsident die Schaffung regionaler Einsatzkräfte vor. "Vielleicht können wir mit vereinten Kräften eine Brigade auf regionaler Ebene, auf der Ebene des Mercosur schaffen, die in der Lage ist, überall dort, wo ein solches Ereignis eintritt, zu Hilfe zu kommen", sagte er. Die einzelnen Länder verfügten nur über begrenzte Ressourcen und Ausrüstung zur Bekämpfung der Brände. Die meist betroffenen Gebiete liegen in den Territorien von Bolivien, Brasilien, Peru, Kolumbien und Venezuela.

Schließlich brachte Arce das Thema der Ernährungssicherheit ein, "die wir durch Ernährungssouveränität schützen und durch unsere eigenen Maßnahmen als Nahrungsmittel produzierende Länder sicherstellen und die Ernährung der Bevölkerung garantieren müssen", schloss der bolivianische Präsident.

Der Pro-Tempore-Vorsitz des Mercosur liegt nun bei Paraguay, das den nächsten Gipfel im Juli nächsten Jahres abhalten wird.