Wasser oder Kupfer - zwischen Artenschutz und Energiewende in Kolumbien

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Die damalgie Bergbauministerin Irene Vélez im Dialog mit Gemeindevertreter:innen, März 2023
Die damalgie Bergbauministerin Irene Vélez im Dialog mit Gemeindevertreter:innen, März 2023

Bogotá/Mocoa. Die Regierung von Gustavo Petro hat ein Dekret zur Etablierung temporärer Naturschutzgebiete für die Beschränkung von Bergbauaktivitäten erlassen. Das umstrittene Bergbauprojekt in Putumayo könnte dadurch gekippt werden.

2006 hatte die kolumbianische Bergbaubehörde insgesamt vier Konzessionen für ein Gebiet von 1912 Hektar, zehn Kilometer entfernt von Mocoa erteilt. Mocoa ist die Hauptstadt des Departamento Putumayo im Südwesten Kolumbiens.

Zunächst im Besitz von Anglo American wurden die Konzessionen an die südafrikanische Firma Anglogold Ashanti und an B2Gold weiterverkauft. Seit 2018 sind die Titel in den Händen der Bergbaufirma Libero Cobre, ein Tochterunternehmen des kanadischen Konzerns Libero Copper and Gold. Bis 2037 dürfen damit unter anderem Kupfer und Molybdän geschürft werden.

Jedoch liegen die Konzessionsgebiete teilweise in Schutzgebieten (resguardos) der indigenen Völker der Inga und der Kamëntsá, sowie in einem Waldschutzgebiet. Dort befindet sich das obere Becken des Flusses Mocoa und dieser kreuzt sich dort mit den Flüssen Putumayo, San José, Blanco, Pepino, Mulato und Guineo. Die Kupferexploration der Bergbaufirma begann 2020 ohne vorherige Konsultation der Inga und Kamëntsá, die die Hoheitsgewalt über das Gebiet haben. Auch verbietet die Gemeindevereinbarung 020 von 2018 den Klein- und Großbergbau in der Gemeinde Mocoa.

Im August 2021 wurden die Konzessionen ausgesetzt, sodass Libero Cobre bis Juni 2022 offiziell keine weiteren Explorationsarbeiten umsetzen durfte. Seitdem gibt es ein politisches Tauziehen zwischen dem Bergbauunternehmen und staatlichen Behörden. Die Bergbautitel bestehen nach wie vor, trotz fehlender Umweltlizenz und obwohl sie zusätzlich zu den Schutzgebieten und indigenen Territorien Gebiete umfassen, von denen nachweislich eine erhöhte Gefahr von Erdrutschen ausgeht.

Die Molybdän- und Kupfer-Vorkommen im Amazonas-Einzugsgebiet, rund um Mocoa, sind seit den 1970er Jahren bekannt. Heute sind diese Rohstoffe von essentieller Bedeutung für die Energiewende, die auch Kolumbiens Präsident Gustavo Petro vorantreiben möchte. Das Bergbauprojekt von Mocoa verdeutlicht allerdings wie Maßnahmen für die Energiewende im Widerspruch zu Umweltschutzmaßnahmen stehen können.

Der Widerstand aus der Zivilbevölkerung und von Umweltorganisationen aus Mocoa und umliegenden Gebieten ist unnachgiebig, denn die Sorge um die Verschmutzung der Flüsse und eine Zunahme der Waldrodung ist groß. "In der Zukunft wird dies eine Wüste sein, unsere Wasserquellen werden versiegen. Schon jetzt beobachten wir die Vertreibung der Tiere aus ihrem natürlichen Lebensraum“, berichtet die Umweltaktivistin der Inga, Soraida Chindoy.

Nun hat die Regierung des Historischen Pakts mit dem Dekret 044 vom 30. Januar 2024 einen weiteren Rechtsrahmen geschaffen, um auch bereits laufende Bergbauprojekte für einen verlängerbaren Zeitraum von bis zu zehn Jahren einzuschränken und setzt damit ein deutliches Zeichen für den Naturschutz.

Im vergangenen Jahr war die damalige Bergbauministerin Irene Vélez gemeinsam mit dem Präsidenten der kolumbianischen Bergbaubehörde sowie dem Direktor des Geologischen Dienstes der Einladung zu einem Dialog mit Gemeindevertreter:innen und Umweltaktivist:innen zur Causa Libero Cobre nachgekommen. Ein politisch symbolträchtiger Besuch einer Ministerin in einer der historisch marginalisiertesten Gegenden des Landes. Vélez versprach bei der Zusammenkunft, dass die Regierung kein folgenschweres Kupferfieber auslösen wolle, wie es die Region in der Vergangenheit im Umgang mit natürlichen Ressourcen erlebt hatte. Der Schutz des Lebens stünde an erster Stelle.