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Weltsozialforum beginnt in Belém

Ökologische Politik und das Schicksal der Amazonasregion stehen im Zentrum. Debatte um Nachhaltigkeit der Veranstaltung

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Weltsozialforum beginnt in Belém
Idyllischer Tagungsort: Belém

Belém/Brasilien. Mit einer Großdemonstration hat am Dienstagnachmittag offiziell das IX. Weltsozialforum (WSF) in Belém, Brasilen, begonnen. Etwa Hunderttausend Menschen aus aller Welt zogen trotz teils strömendem Regen feiernd durch die Metropole am Amazonasdelta. Wie erwartet waren brasilianische Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Mehrheit. Der bunte Zug spiegelte die für das WSF typische politische Vielfalt wider. So reichte das Spektrum auch dieses Mal von Gewerkschaften, über ökologische und religiöse Gruppen bis hin zu sozialistischen und kommunistischen Organisationen.

Bis zum 1. Februar wollen die Gäste des WSF in mehr als 2000 Veranstaltungen über die ökonomische, soziale, kulturelle, politische und vor allem auch die ökologische Krise des Kapitalismus diskutieren und Alternativen erarbeiten. Der Internationale Rat des WSF hatte nach dem letzten Forum in Nairobi, Kenia, im Jahr 2007 beschlossen, ein klimapolitisches Zeichen zu setzen und das WSF an den Amazonas zu holen.

Einen geographischen Schwerpunkt stellt dieses Jahr daher die Amazonasregion dar. Der zweite Tag des Weltsozialforums wurde komplett dieser Region gewidmet. Die hauptsächlich von Indigenen organisierten Veranstaltungen sollen Amazonien ins weltweite Bewusstsein rücken und der Vernetzung der regionalen Gruppen dienen.

Das größte zusammenhängende Waldgebiet der Welt umfasst Teile Brasiliens, Boliviens, Kolumbiens, Ecuadors, Perus, Guyanas, Französisch-Guayanas, Surinams und Venezuelas. Es gilt nicht nur als entscheidend für das Weltklima, sondern beherbergt auch eine enorme biologische- und Ressourcenvielfalt. Rund ein Fünftel der weltweiten Süßwasserreserven liegen in dem Gebiet. Die Region und ihre Bewohner werden unter anderem durch Viehzucht, Sojaanbau sowie große Infrastrukturprojekte wie Straßen und Staudämme bedroht.

Erwartet wird dieses Jahr eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Staats- und Regierungschefs. Traditionell gibt es auf dem WSF Diskrepanzen darüber, wie eng die Bewegung mit Regierungen kooperieren soll. Das Beispiel Lateinamerika zeigt, dass der Druck sozialer Bewegungen auf linke Regierungen, aber auch ihre Unterstützung, entscheidend für die Politik dieser Staatsführungen sein kann. Ihre Teilnahme zugesagt haben bisher die Präsidenten Lula Inácio da Silva aus Brasilien, Evo Morales aus Bolivien, Rafael Correa aus Ecuador, Fernando Lugo aus Paraguay und Hugo Chávez aus Venezuela.

Entscheidend für die Zukunft des Weltsozialforums dürfte auch die Frage sein, ob auf dem Massenevent dieses Mal konkrete Beschlüsse gefasst und weitere politische Aktionen beschlossen werden. Wegen mangelnder politischer und ökologischer Nachhaltigkeit steht das Forum vielfach in der Kritik.

Das WSF fand als Gegenveranstaltung zu dem in der Schweiz ausgerichteten Wirtschaftsforum 2001 erstmals in Porto Alegre, Brasilien, statt.


Tobias Lambert und Olga Burkert berichten für amerika21.de aus Belém.

Bildquelle: fsm2009amazonia.org.br